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Maria Theresias Politisches Testament (1749-50)

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Das Unglück ware, daß nach Fassung meiner Resolution, die preußische andringende ungerechte Gewalt mit gerechter Gegengewalt abzutreiben, sofort die Entzweiung und Gesinnung meines Ministerii eine stärkere Wurzel fassete, welches allein von meinem gar zu guten Gemüt, allen alles Gute zu tun und zu glauben, den Anfang genommen. Und wollte Gott, ich wäre allein mit denen beeden Ministren Sintzendorf und Starhemberg geblieben, sambt Bartenstein, so wären viele Sachen nicht geschehen und unterblieben, Muß mich in diesem Punkt etwas mehrers aufhalten: Sintzendorf ware ein großer Staatsmann und ware ihme Starhemberg nicht gleich, allein ware er nicht allezeit ohne Nebenabsichten, Praeventiones und Passiones; obwohlen ihme, so lang er mir gedienet, niemals etwas überweisen können, so ware doch seine Conduite nicht gar regulier mit Preußen und die Praeventiones, die man mir gegen selben gegeben, waren die Ursach, warumen mein ganzes Vertrauen auf Starhemberg gesetzt, der ein großer Mann war und gerader Teutscher. Doch hat er nicht vergessen können, daß letzterer ihme bei meinem Herrn Vattern auf die Seite gebracht und und suchte sich an dessen Platz bei mir wieder zu setzen, obwohlen doch niemals auf eine Art, die nicht gerad oder einer Intrigue gleichete. Dieser samt dem Herberstein, damaligen obristen Hofmaister bei mir, der ein Grundehren- und capabler Mann ware, haben mir Bartenstein kennen machen, vor deme sehr übel praevenirter zur Regierung gekommen, muß ihme aber die Justiz leisten, daß ihme allein schuldig die Erhaltung dieser Monarchie. Ohne seiner wäre Alles zu Grund gegangen, dann Starhemberg allein nicht mehr so aktiv ware, und habe erst lang danach erfahren, daß er Bartenstein der einzige ware, der meine Heirat mit Spanien hintertrieben, die Sintzendorf wollte, der allein die Corregentschaft ausgearbeitet und soutenieret hat, die Heirat meiner Frau Schwester geraten und Alles was die Einigkeit und Befestigung dieses Hauses angehete, gesucht zu procurieren, welches doch der Grund und Stein dieses Hauses zu allen übrigen war. Ich sage nicht, daß er ohne Fehler gewesen, welche allein von seinem Temperament hergeflossen und gewiß nicht aus Mangel der Treue und Eifer, auch nicht Ambition, vor das ich stehen kann und schuldig bin, an ihme und denen seinigen alle Zeit zu erkennen recht als ein Schuldigkeit und nicht als ein Gnad. Dies habe müssen zu meiner Satisfaktion setzen, umb denen drei Ministren die Justiz zu leisten, anerwogen alles Übel alleine aus denen Zerspaltungen erwachsen.

In der erst angetretenen so beschwerlichen Regierung vermochte unmöglich selbst, die Beschaffenheit und die Kräfte derer Länder zu erforschen, folglich mußte mich dem Einraten meines Ministerii unterziehen, keine mehrere Aushülfe weder in Geld noch an Recrouten von denen Ländern anzuverlangen, zumalen an Seiten des Ministerii beständig vorgeschützet wurde, samb derlei notdürftiges mehre Ansinnen meine antretende Regierung gleich anfänglich auf das äußerste verhasset machen möchte. Solchergestalten ware kein Geld vorhanden, die gegen Preußen destinierte wenige Regimenter mobil zu machen. Und da mich bemüssiget gesehen, zu dessen Vollziehung einige hunderttausend als Darlehne oder subsidia praesentanea von denen particularibus anzuverlangen, so mußte gewahr werden, daß die potentiores ja gar die Ministri selbst sich hierbei merklich zu verschonen trachteten.

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