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Bayerisches Edikt über „die Errichtung einer Gensd’armerie” (11. Oktober 1812)

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Art. 177. Zur Friedenszeit kann die Gensd’armerie gemeinschaftlich mit dem Linien-Militär Dienste leisten, wenn lezteres bei der Unzureichenheit der Gensd’armerie zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung requirirt wird. [ . . . ]

XVIII. Besondere Verpflichtungen und Befugnisse der Gensd’armerie.

190. Kein Reisender, er sey wessen Standes er wolle, darf dem Gensd’arme die Vorzeigung seines Passes versagen, wogegen der Gensd’arme jederzeit zur Beobachtung des gehörigen Anstandes verbunden ist, und in derlei Verrichtungen durch seine vollständige Uniform in seiner Eigenschaft kenntlich seyn muß.

Art. 191. Die Gensd’armerie ist befugt, Wirths- und Gasthäuser, so wie andere dem Publikum offen stehende Häuser jede Stunde des Tages bis zur Zeit, da solche nach den Polizei-Gesezen geschlossen werden müssen, zu visitiren, um dort jene Personen zu finden, welche als Verbrecher öffentlich bezeichnet sind, oder zu deren Verhaftung die kompetente Behörde Befehl gegeben hat.

Art. 192. Die Wirthe und Gastgeber sind schuldig, den Offizieren und Brigade-Kommandanten auf Begehren die Liste der beherbergten Fremden vorzulegen.

Art. 193. Zur Nachtszeit darf der Gensd’arme nur dann in ein Haus eindringen, wenn seine Gegenwart nothwendig ist, um den Eigenthümer vor Feuer- oder Wassergefahr zu schüzen, um einen eingedrungenen Räuber oder Mörder zu verfolgen, oder wenn er von den Bewohnern des Hauses selbst hiezu aufgerufen wird.

Art. 194. Entgegen kann die Gensd’armerie bei Tage den Eintritt in das Haus jedes Privaten verlangen, wenn ihr ein schriftlicher Auftrag der Polizei Behörde, oder die Gegenwart eines Beamten selbst hiezu die Befugniß giebt.

Art. 195. Wenn sie mit einem solchen Auftrage nicht versehen ist, und einen flüchtigen Verbrecher in einem Hause glaubt, so steht ihr zu, solches zu bewachen, bis die Anzeige bei der Polizei-Behörde geschehen, und von dieser der Befehl zur Durchsuchung des Hauses ertheilt ist.

Art. 196. Wenn ein Gensd’arme, er sey Offizier, Unteroffizier oder Gemeiner in der Ausübung seines Dienstes mit Worten oder Werken beleidiget oder bedrohet wird, so finden jene Geseze ihre Anwendung, welche für diesen Fall den Linien-Truppen zu statten kommen, und der kommandirende Offizier ist befugt, die Schuldigen, sie seyen auch wessen Standes sie wollen, verhaften zu lassen, und ihre Bestrafung nach den Gesezen zu veranlassen.

Art. 197. Wird die Gensd’armerie in Ausübung ihrer Pflicht thätig gehindert, und angegriffen, und der Anführer derselben hat mit lauter Stimme um Beistand gerufen, so ist jeder, welcher den Ruf gehört hat, verpflichtet, ihm hilfreiche Hand zu leisten, um den gegen ihn gewagten Angriff zurückzuschlagen, und ihn in den Stand zu sezen, seine Aufträge zu vollziehen.

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