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Kursachsen: Bericht des Staatsdieners Thomas Freiherr von Fritsch an den leitenden sächsischen Minister Heinrich von Brühl über Verwaltungsreformen und Ernennungen (4. April 1762)

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Es ist und bleibet ein dem Herrn und Lande höchst schädliches Übel, daß zu viele Leute studiren und, sie mögen gerathen oder nicht, sich in die Ämter drängen.

Da nun denen Eltern und noch mehr denen Vorurtheilen nicht Ziel und Maß zu sezen, so ist nichts übrig, als daß man mit Ertheilung derer Ämter so harte sey, daß die Leute selbst zurück in die untern Dienste gehen oder lebenslang ohne Dienste bleiben müssen.

Supernumerarii in der zeither gewöhnlichen Arth, das man sie nicht wieder los werden kan, sind eine rechte Land-Plage und helfen keine noch so gut gemeynte Verordnungen, daß nur die gerathenen höher kommen sollen, da die Beförderer beystehen.

Wenn dem unzeitigen Ehrgeize, der sich großentheils auch auf die bey der Nation eingewurzelte Liebe zur Verschwendung gründet, gesteuert würde, dürfte sich keiner schämen, wes Standes er auch sey, bey einem erfahrnen Ministro oder andern Rath, ein paar Jahre Secretarien-Dienste umsonst zu verrichten und von ihm etwas zu lernen, da er denn bey Erfahrung oder Geschicklichkeit mit mehrerm Vertrauen auf fernere Proben zu setzen.

Wenn die Creyß- und Amts-Hauptmannschaften recht und brauchbar eingerichtet, so könnten sich die von Universitäten gekommene von Adel bey selbigen gebrauchen lassen, um die Verfassung in allen ihren Ästen kennen zu lernen, die Wirthschaft einzusehen und alles dieses ohne besonderen Aufwand. Es würde sich denn bald zeigen, zu welche besondere Art der Justiz-, Policey- oder Finanz-Arbeit sich einer vorzüglich schicke, darzu er denn mit des Herrn und seinem Nutzen zu gebrauchen, oder wenn er sich zu nichts schicket, von allen wegbleiben kan, ohne an seiner Ehre zu leiden.

In einer wohlbestellten Regierung muß alles zusammenhangen und neben guten Dienern jederzeit für die Nachkommen gesorget werden.

Wenn der Luxus und ein übel verstandener Ehr-, oder besser zu sagen, leerer Titul-Geist aus den Köpfen könnte gebracht werden und man wohl einprägete und bedächte, was Vaterland, in welchem der Herr das erste Glied, und der Zusammenhang bedeute und erfordere, so würde mit mehrerer Ruhe und bessern Gewissen jeder das Seine in Stille abwarten.




Quelle: Die Staatsreformen in Kursachsen 1762–1763. Quellen zum kursächsischen Rétablissement nach dem Siebenjährigen Kriege. Herausgegeben und eingeleitet von Horst Schlechte. Berlin: Rütten & Loening, 1958, S. 198-203.

Abgedruckt in Helmut Neuhaus, Hg. Zeitalter des Absolutismus 1648-1789. Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Herausgegeben von Rainer A. Müller, Band 5. Stuttgart: P. Reclam, 1997, S. 405-11.

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