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Veit Ludwig von Seckendorff, Auszüge aus Teutscher Fürsten-Staat (1656)

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Ja er ist (2) schuldig, die ordnungen und gesetze des reichs, welche auf gebührliche weise, und mit gemeinem schluß der stände gemachet worden, in seinem fürstenthum und landen zu publiciren, auch daß denselben nachgelebet werde, verschaffung zu thun, und die übertreter zu straffen. Sintemahl auch etlichen reichs-satzungen eine gewisse straffe, wider die obrigkeiten, die denenselben nachzukommen säumig sind, einverleibet, welche solchen falls von dem höchsten Reichs-Gericht, oder Käyserl. Cammer pflegen eingefordert zu werden.

§ 4. Bey dem dritten punct, nemlich der gerichtbarkeit, können und mögen in vielen landen des reichs diejenige, welche mit denen aussprüchen und urtheilen der landes-fürsten und ihrer cantzeleyen und hof-gerichte sich nicht begnügen wollen, sondern vermeinen, daß sie dadurch wider recht beschweret werden, in gewisser zeit an das Käyserliche Cammer-Gericht oder Reichs-Hoff-Rath sich beruffen, und daselbst die sache noch einsten erkennen lassen. Etliche fürsten und stände aber sind entweder biß auf eine gewisse hohe summe, deren die sache würdig ist, oder also gäntzlich, durch käyserliche privilegia und altes herkommen befreyet, daß von ihren urtheilen und bescheiden zu appelliren niemanden zugelassen ist, gleichwohl aber sind sie hingegen destomehr schuldig, gericht und gerechtigkeit denen anruffenden zu ertheilen, und die streitigen sachen ihrer unterthanen zu verhören, damit nicht, im fall sie allzusehr verzüglich wären, oder das recht gar versagten, sie deßhalben verantwort- oder abforderung solcher sachen an höhere oerter gewarten müssen.

§ 5. Zum Vierdten, obwohl, wie unten mit mehrerm erkläret werden soll, ein Landes-fürst, zu handhabung seiner hoheit, und vollstreckung seines obrigkeitlichen vorhabens, ein und ander zwangsmittel, auch gar eine kriegs-verfassung im lande zu gebrauchen und aufzurichten hat, so ist doch solches in ansehung Käys. Maj. und des Reichs also gemäßiget, daß er wider dieselbe solche seine Macht und gewalt nicht wenden, oder auch einen andern fürsten und stand des reichs damit anfallen und beleidigen darff, wie er denn auch seine beschwerungen, die er wider einen andern seines gleichen, oder die nachbarn hat, welche gleich und recht leiden können, nicht mit heers-zug und gewalt, sondern, wie im reich herkömmlich, mit ordentlichem recht zu suchen, und also den land-frieden im reich, so viel an Ihm ist, und er nicht mit gewalt von einem andern angetastet wird, zu halten schuldig ist, wie in beschreibung dieses puncts gehöriger orten mit mehrerm erleuterung geschehen soll. [ . . . ]

Cap. IV. Von der Maasse der Landes-Fürstlichen Hoheit und Regierung, welches aus etlichen Rechten und befügnissen der Stände und Unterthanen des Landes und Fürstenthums herkömmet

§ 1. Aus dem, was wir oben von der macht des landesherrn ingemein erinnert, daß sie nicht geartet sey, wie eine eigenwillige herrschafft eines haußwirths über sein gesinde, ist leicht zu ermessen, daß die unterthanen im lande nicht sclaven, und mit leib und gut so bloß hin ihrem herrn eigenthumlich ergeben seyen, sondern daß sie regieret, und in gehorsam gehalten werden, wie Freygebohrne, und unter seinem rechtmäßigen regiment, zu ihrer leibes- und seelen wohlfarth versammlete leute, von einer christlichen, und an göttliche, natürliche, und des reichs rechte angewiesenen obrigkeit von rechtswegen geschützet, und in acht genommen werden sollen, allermassen von denen vornehmsten stücken einer löblichen regierungsform, nach gelegenheit der teutschen fürstenthümer, in folgenden capiteln mit mehrerm gehandelt wird.

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