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Schießbefehl der DDR-Regierung gegen Flüchtlinge (ca. 1962)

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e) zur Brechung bewaffneten Widerstandes;

f) zur Festnahme von Personen, wenn
- bewaffnete Personen die Aufforderung zum Ablegen der Waffen nicht befolgen oder sich ihrer Festnahme durch Bedrohung der Waffe oder Anwendung derselben zu entziehen versuchen,
- Personen dem Anruf oder der Aufforderung des Grenzpostens nicht Folge leisten und offensichtlich versuchen, die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik zu durchbrechen und alle anderen Mittel und Möglichkeiten zur Festnahme oder Verhinderung der Flucht erschöpft sind,
- Personen mit Transportmitteln vorschriftsmäßig gegebene Stoppzeichen unbeachtet ließen und Sperren durchbrochen, beiseite geräumt oder umfahren haben und sie eindeutig versuchen, die Staatsgrenze zu durchbrechen.

Der Gebrauch der Schußwaffe ist grundsätzlich mit »Halt! Grenzposten! Hände hoch!« anzukündigen. Wird der Aufforderung nicht Folge geleistet, ist ein Warnschuß abzugeben. Bleibt auch diese Warnung erfolglos, ist gezieltes Feuer zu führen.

Die Schußwaffe ist ohne Anrufe und ohne Angabe eines Warnschusses gezielt anzuwenden, wenn
- es zur Abwehr eines plötzlichen tätlichen Angriffs sowie zur Brechung bewaffneten Widerstandes erforderlich ist;
- ein gegenwärtiger Angriff auf Anlagen der bewaffneten Organe und andere staatliche, gesellschaftliche oder
wirtschaftliche Einrichtungen, auf sich selbst oder andere Personen nicht anders verhindert oder abgewendet
werden kann.

Beim Gebrauch der Schußwaffe ist das Leben der Personen nach Möglichkeit zu schonen. Verletzten ist unter Beachtung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Erste Hilfe zu erweisen, sofern es die Durchsetzung
dringender und keinen Aufschub duldender Aufgaben zuläßt. [ . . . ]

Tödlich verletzte Personen sind außerhalb der vom Gegner einsehbaren Geländeabschnitte unterzubringen. Der Tatort ist zu markieren und zu sichern. In anderen Fällen ist die Lage des Toten nicht zu verändern. Die weiteren Handlungen sind entsprechend der Entscheidung des Militärstaatsanwaltes durchzuführen.

Wurde die Schußwaffe gegen Grenzverletzer angewandt, darf das Territorium des angrenzenden Staates oder West-Berlins nicht beschossen werden.



Quelle: DDR-Schießbefehl (ca. 1962); abgedruckt in Bernhard Pollmann, Hg., Lesebuch zur deutschen Geschichte. Band 3, Vom deutschen Reich bis zur Gegenwart. Dortmund, 1984, S. 245-46.

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