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Programmatische Richtlinien der Freien Demokratischen Partei (4. Februar 1946)

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5. Wie der Staat nicht Selbstzweck ist, sondern dem Volke dient, so auch die Wirtschaft. Erstes Ziel der Wirtschaftspolitik ist deshalb entsprechend dem Bedürfnis der breiten Massen die Steigerung der Erzeugung auf allen Gebieten zur Befriedigung des Lebensbedarfs der vermehrten Bevölkerung im verengten Raum. Das Ziel kann nur erreicht werden durch Wiedereinschaltung der freien Initiative unter Abbau der Wirtschaftsbürokratie. Die zur Überwindung von Notständen unentbehrliche Planung und Lenkung darf deshalb nicht bürokratisch sein, sondern muß in demokratischer Selbstverwaltung der Wirtschaft durch deren Organe unter kontrollierender Mitwirkung des Staates erfolgen. Die Planwirtschaft darf nicht Selbstzweck werden, damit nicht schließlich alles Leben und alle freie Leistung im staatlichen Zwang erstickt.

Persönliche Initiative und freier Wettbewerb steigern die wirtschaftliche Leistung, und persönliches Eigentum ist eine wesentliche Grundlage gesunder Wirtschaft.

Andererseits darf jedoch die Freiheit der Wirtschaft nicht sozial mißbraucht werden und nicht zur Übermacht von Überstarken führen. Das Recht und die Möglichkeiten der Kleinen, sich neben den Großen zu behaupten, muß ebenso gesichert sein wie das Recht derer, die ihr Leben nicht in Selbständigkeit, sondern als Mitarbeiter in großen und kleinen Betrieben verbringen.

Es ist Aufgabe und Pflicht der Wirtschaft, die Bedürfnisse der Masse zu decken. Um das zu können, muß die Wirtschaft unter internationaler Arbeitsteilung in die Weltwirtschaft eingegliedert werden.

6. Was von der Wirtschaft im allgemeinen, gilt von der Landwirtschaft im besonderen: Die erste Aufgabe der Agrarpolitik ist die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung. Wo und wenn das Besitzrecht die Leistungssteigerung nicht fördert, sondern hemmt, ist es Aufgabe einer mit weisem Bedacht vorgehenden Politik, dafür zu sorgen, daß das Recht auch die Pflicht zur Nutzung des Bodens in sich schließt, um so die größtmögliche Erzeugung zu gewährleisten. Nur solche Politik, nicht willkürliche Zerschlagung und Enteignung, bedeutet eine wahre Bodenreform. Die bewährte Tüchtigkeit des deutschen Bauern, der mit dem Boden verwachsen ist, verbürgt am sichersten die rechte Nutzung. Darum ist die Erhaltung und Förderung des freien Bauernstandes die Grundlage demokratischer Agrarpolitik.



Quelle: Programmatische Richtlinien der Freien Demokratischen Partei (4. Februar 1946); abgedruckt in Theo Stammen, Hg., Einigkeit und Recht und Freiheit. München 1965, S. 108-09.

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