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Analyse des amerikanischen Außenministeriums zur sowjetischen Berlin-Note (7. Januar 1959)

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Die Vereinigten Staaten hatten noch vor Unterzeichnung des Potsdamer Protokolls erwogen, inwieweit Verhandlungen mit Großbritannien, Frankreich und der UdSSR über einen 25-Jahresvertrag wünschenswert seien, der garantierte, daß der deutsche Militarismus nicht wieder auferstehen könne. Außenminister James F. Byrnes ergriff die Initiative, als er im September 1945 Molotov und später Stalin einen derartigen Vertrag vorschlug. Durch deren Reaktion ermutigt, unterbreiteten die USA im Februar 1946 einen Vertragsentwurf zur Stellungnahme und eventuellen Abänderung. Die drei Westmächte unterstützten auf der Pariser Konferenz des Außenministerrates im Jahre 1946 und auf der Moskauer Konferenz des Jahres 1947 den Gedanken eines solchen Entmilitarisierungsvertrages. Als Molotov einwandte, daß die vorgeschlagene Frist von 25 Jahren zu kurz sei, stimmten die USA einer 40jährigen Vertragsdauer zu. Die Sowjetunion brachte jedoch die Verhandlungen über einen solchen Vertrag praktisch zu Fall, indem sie versuchte, zahlreiche nicht zur Sache gehörende und strittige Fragen damit zu verknüpfen.

Während diese Verhandlungen liefen, führten die USA in ihrer Besatzungszone Deutschlands die Bestimmungen des Potsdamer Protokolls durch. In dieser Zone waren im Jahre 1945 die deutschen Streitkräfte und alle verwandten Organisationen aufgelöst worden, und ihre Neubildung wurde gesetzlich verboten. Bis zum Herbst 1947 war das gesamte Kriegsmaterial, von dem man Kenntnis hatte, gesammelt, registriert und entweder zerstört oder, sofern dies möglich war, Friedenszwecken zugeführt. Bis Ende 1948 hatten die US-Besatzungsbehörden alle speziell für die Produktion von Panzern, Kriegsausrüstung im allgemeinen, Flugzeugen, militärischen Sprengstoffen und Giftstoffen errichteten Industrieanlagen sowie alle unterirdischen Fabriken entweder zerstört oder demontiert und als Reparationen abtransportieren lassen. Die Weigerung der Sowjets, Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, machte in der US-Zone Deutschlands eine Revision der Nachkriegspläne im Sinne einer Erhöhung des Industrieniveaus erforderlich, jedoch war dort Ende 1950 die Industrie-Demontage entsprechend dem revidierten Plan für den Umfang der industriellen Produktion im wesentlichen abgeschlossen.

Die Entscheidung, deutschen Streitkräften erneut Waffen in die Hand zu geben, traf die Regierung der Sowjetunion. Am 23. Mai 1950 protestierten die Vereinigten Staaten bei der UdSSR gegen die Remilitarisierung der sowjetischen Zone, wobei sie darauf aufmerksam machten, daß 40–50 000 Mann in der sogenannten «Bereitschaftspolizei» eine Grundausbildung für Infanterie, Artillerie und Panzerwaffen erhielten und mit militärischen Waffen sowjetischer Herkunft ausgerüstet seien.

Ende 1953 verfügte die Sowjetzone bei einer Bevölkerungszahl von 17 Millionen über eine starke «Polizeitruppe» (insgesamt 100 000 Mann), zu der weitere 140 200 Mann Militär, darunter drei mechanisierte Divisionen und Luftwaffeneinheiten, hinzukamen. Außenminister Dulles protestierte bei Außenminister Molotov auf der Berliner Außenministerkonferenz im Februar 1954 nachdrücklich gegen diese Entwicklung. Dies geschah über ein Jahr vor der Aufstellung einer bewaffneten Streitmacht in der Bundesrepublik, die bis dahin bei 50 Millionen Einwohnern lediglich über eine 150 000 Mann starke reguläre Polizei verfügte. Die Westmächte – die USA, Großbritannien und Frankreich – erkannten, daß aus der Wiederaufstellung und Bewaffnung deutscher Streitkräfte in der Sowjetzone eine tiefgreifende Unsicherheit für Westdeutschland resultierte, zumal sich die Situation infolge der Machtübernahme der Kommunisten in Polen und der Tschechoslowakei in den Nachkriegsjahren und seit Beginn der kommunistischen Aggression in Korea im Juni 1950 aufs äußerste verschlimmert hatte.

Die Schlußakte der Londoner Neunmächte-Konferenz vom 3. Oktober 1954 sah die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik und den Anschluß der Bundesrepublik an den Westen als Mitglied der Nordatlantikpakt-Organisation und der Westeuropäischen Union (Brüsseler Vertrag) vor.

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