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Analyse des amerikanischen Außenministeriums zur sowjetischen Berlin-Note (7. Januar 1959)

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Die Proklamation der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik im Oktober 1949 wurde von der UdSSR und den deutschen Kommunisten als «Antwort» auf die Gründung der Bundesrepublik hingestellt. Dieses Argument kann jedoch niemanden täuschen. Die sogenannte DDR wurde auf sowjetische Anordnung errichtet und nicht auf der Basis der Selbstbestimmung. Weder freie Wahlen noch eine freie Diskussion gingen der Bildung des Regimes voraus. Erst 1950 fanden die ersten «Wahlen» statt, und bei diesen handelte es sich um Einheitslisten-«Wahlen», die im Zeichen des «Block-Systems» und der «Nationalen Front» durchgeführt wurden, einer kommunistischen Dachorganisation, die gegründet wurde, um die Tätigkeit aller politischen und Massenorganisationen zu koordinieren.

Die Prinzipien der ostzonalen Verfassung, so ausgezeichnet sie sich anhören mögen, sind leider niemals zur Anwendung gekommen. Hingewiesen wird besonders auf Artikel 6 (Ausübung der demokratischen Rechte), Artikel 8 (persönliche Freiheit), Artikel 9 (Meinungs- und Versammlungsfreiheit), Artikel 14 (Streikrecht). Als das Regime mit aktiver Unterstützung seitens der sowjetischen Militärmacht im Juni 1953 die Spontanstreiks und Aufstände in Ostberlin und in der Ostzone niederwarf, hat es alle diese Artikel mit Füßen getreten.

Die Grundsätze der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten, der friedlichen Koexistenz und der Achtung der Souveränität und der territorialen Integrität anderer Länder werden von der UdSSR ständig hervorgehoben. Man braucht nur an die Nachkriegsereignisse im Iran, in Griechenland, Korea, der Ostzone Deutschlands und in Ungarn – neben vielen anderen – zu erinnern, um den Unterschied zwischen sowjetischen Reden und sowjetischen Taten zu veranschaulichen. Die sowjetische Rechtfertigung für die direkte oder indirekte Verletzung nationaler Rechte und des Völkerrechts lautet immer «faschistische Aggression», «Provokation von außen» und «von ausländischen Agenten angezettelte Zersetzungsarbeit». Die Sowjetunion hat sich beharrlich geweigert, unparteiische Inspektionen zu erlauben (wie in Korea und Ungarn) und lehnte Maßnahmen der Vereinten Nationen ab, wo immer diese drohten, ihre Machenschaften aufzudecken. Die Weigerung der Kommunisten im Jahre 1952, einer UN-Kommission den Zutritt nach Ostberlin und in die Ostzone zu gestatten, um festzustellen, ob dort die Bedingungen zur Abhaltung freier Wahlen gegeben seien, ist ein spezifisches Beispiel aus der Praxis in Deutschland.

Es besteht kein Zweifel, daß die UdSSR, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten übereingekommen sind, für das Wiedererstehen freier politischer Parteien und die Wiederherstellung der politischen Grundfreiheiten in ganz Deutschland einschließlich des freien Nachrichten- und Publikationsaustauschs zu sorgen. Der Alliierte Kontrollrat erließ infolgedessen in seinen Direktiven Nr. 40 und Nr. 55 genauere Instruktionen zum interzonalen Austausch von Nachrichten und Drucksachen. Die Kommentierung der Politik der Besatzungsmächte wurde gestattet. Die Informierung aus der ausländischen Presse wurde gestattet. «Hinsichtlich des Austauschs von Nachrichten und demokratischen Ideen darf kein Druck irgendwelcher Art durch Verwaltungs- oder wirtschaftliche Maßnahmen von seiten der (– nie gebildeten –) Zentralregierung oder seitens der Länderregierungen ausgeübt werden.»

Diese Grundsätze kamen innerhalb der Sowjetzone niemals zur Anwendung. Der Besitz von «faschistischer» Literatur wurde zum Staatsverbrechen erklärt. Die Bezeichnung «faschistisch» wird von den Kommunisten benutzt, um jedwede oppositionelle Regung gegen das Regime zu brandmarken. Auch der freie Nachrichtenaustausch zwischen den anderen Zonen und der Sowjetzone wurde durch Hindernisse erschwert. Diese sowjetischen Maßnahmen hatten zur Folge, daß westliche Zeitungen und Radiostationen, wie beispielsweise der RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor), in Ostberlin und in der deutschen Ostzone große Popularität und Bedeutung erlangten.

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