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John Foster Dulles über die Möglichkeit von Verhandlungen mit der DDR (26. November 1958)

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Frage: Herr Minister, der Bürgermeister von Westberlin sagte heute, die gegenwärtige Krise könnte eine Gelegenheit für neue Diskussionen über deutsche und europäische Sicherheitsprobleme mit den Sowjets bieten. Sehen Sie, Herr Minister, eine Möglichkeit für die Erneuerung jener Diskussionen, wenn man an die Sackgasse denkt, in die sie früher gerieten, und gibt es hier irgendwelche neuen Gedanken zur Verbindung der russischen Idee des Verhandelns über einen Friedensvertrag mit der Wiedervereinigung Deutschlands?

Antwort: Ich möchte kaum annehmen, daß die derzeitige Stimmung der Sowjetunion den gegenwärtigen Zeitpunkt für solche Verhandlungen günstig erscheinen läßt. Natürlich würden wir uns in diesen Dingen weithin von den Auffassungen der Bundesrepublik Deutschland leiten lassen, die in erster Linie davon berührt ist, zu deren Regierung wir engste Beziehungen unterhalten und zu der wir das größte Vertrauen hegen. Ihre Ansichten in dieser Angelegenheit würden für uns schwer wiegen. Mir liegt keine Andeutung dieser Art von der Regierung der Bundesrepublik vor.

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Frage: Herr Minister, vorausgesetzt, die Frage einer Blockade ergäbe sich nicht, aber die Ostdeutschen bestünden darauf, daß man mit ihnen als mit einem unabhängigen Land und nicht als Beauftragten der Sowjetunion verhandelt, würden wir dann weiterhin darauf bestehen, die drei Routen zu benutzen?

Antwort: Ich glaube wirklich, daß ich unsere Stellungnahme zu diesen Dingen so weit klargelegt habe, wie es für mich zu dieser Zeit nützlich ist, wenn man sich vor Augen hält, daß dies eine Sache für drei oder vier Mächte ist.

Während ich die gemeinsamen Grundsätze, die wir aufrechterhalten und auf denen unser Handeln beruht, hervorheben kann und hervorgehoben habe, glaube ich, es wäre nicht klug, wollte ich versuchen, nur um eines der vier beteiligten Länder willen mehr in Einzelheiten zu gehen.

Frage: Darf ich die Frage stellen, ob wir auf die Möglichkeit verzichtet haben, zur Wahrung unserer Rechte auf ungehinderten Zugang zu Berlin Gewalt anzuwenden, wenn uns die Ostdeutschen Halt zu gebieten versuchen sollten?

Antwort: Wir haben auf überhaupt keines unserer Rechte verzichtet. Alles, was ich sagte, ist, daß nichts, was gesagt wurde, nichts, was Chruschtschow oder irgend jemand anders in den letzten Wochen sagte, darauf hindeutet, daß zur Zeit irgendeine Absicht seitens der Sowjetunion oder der „DDR“ besteht, unseren Zugang nach oder Abgang von Berlin mit den verschiedenen zur Verfügung stehenden Mitteln zu behindern.

Daher scheint es mir, daß die Frage, ob wir Gewalt anwenden würden, wenn sie dies doch täten, akademisch ist, weil nichts geschehen ist, was darauf hindeutet, daß gegenwärtig irgendeine Absicht ihrerseits besteht, dies zu tun.



Quelle: Dulles erklärt am 26. November 1958 Verhandlungen mit der „DDR“-Behörden als Agenten der Sowjetunion für möglich, sofern die Sowjetunion hierdurch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen und die „DDR“ nicht anerkannt wurde; in Heinrich von Siegler, Hg., Dokumentation zur Deutschlandfrage. Von der Atlantik-Charta 1941 bis zur Berlin-Sperre 1961. Hauptband II, Chronik der Ereignisse von der Aufkündigung des Viermächtestatus Berlins durch die UdSSR im November 1958 bis zur Berlin-Sperre im August 1961. Zweite ergänzte und erweiterte Auflage in drei Bänden. Siegler & Co, KG. Verlag für Zeitarchive: Bonn, Wien, Zürich, 1961, S. 5-8.

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