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Politische Leitsätze der SPD (Mai 1946)

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IV. Gegenwartsforderungen

Auf dem Gebiet der Staats- und Verwaltungspolitik erstrebt die Sozialdemokratie die Demokratie, die getragen ist von der Mitbestimmung und Mitverantwortung aller Bürger. Sie will eine Republik mit weitgehender Dezentralisierung und Selbstverwaltung.

Die deutsche Republik der Zukunft soll sich aufbauen auf Ländern, die nicht in ihrer eigenen Existenz ihren höchsten Zweck sehen, sondern die sich nur als Bausteine einer höheren nationalen Ordnung betrachten. Der Träger der Staatsgewalt soll das ganze deutsche Volk sein.

Keins der heutigen Länder und keine der heutigen Provinzen dürfen sich in ihrer Existenz und in ihrem Umfang als garantiert ansehen. Es gibt keine ausreichende geschichtliche Legitimation gegenüber den Notwendigkeiten der Gegenwart.


Verwaltungsreformen

Die Verwaltung muß von unten her reformiert werden, und die unteren Träger des kommunalen Zusammenlebens müssen möglichst große Kompetenzen haben. Das Volk, repräsentiert durch seine Parteien, bestimmt die Aufgaben und Ziele der Verwaltung. Die Angestellten und Beamten der öffentlichen Körperschaften sind durch ein einheitliches Dienstrecht und durch Erhaltung ihrer Staatsbürgerrechte zu schützen.

Alle Staatsbürger sind ohne Ansehen des Herkommens, des Glaubens, der Rasse oder des Geschlechts nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihrer Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zugelassen.

Alle Bürger müssen vor dem Gesetz gleich sein. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Es darf keine Ausnahmegerichte geben.


Kirche, Staat und Kultur

Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle, Trennung von Kirche und Staat. Damit wird den Kirchen und allen Weltanschauungsgemeinschaften die Möglichkeit gegeben, in Freiheit die ihnen eigenen Aufgaben zu erfüllen. Niemand soll verpflichtet sein, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.

Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sollen frei sein, um das zerstörte Kultur- und Geistesleben neu zu gestalten. Ihre Leistungen sollen dem deutschen Volk die Achtung und das Vertrauen der Welt wiedergewinnen.

Das allgemeine Schulwesen ist öffentlich. Die Schulen sollen die Jugend frei von totalitären und intoleranten Anschauungen erziehen im Geist der Humanität, der Demokratie, der sozialen Verantwortung und der Völkerverständigung. Allen Deutschen stehen die Bildungsmöglichkeiten allein entsprechend ihrer Befähigung offen. Sie sind unabhängig von Bekenntnis, Stand und Besitz.

Die Freiheit der Meinungsäußerung und der Kritik muß auch in der Freiheit der Presse ihren Ausdruck finden.

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