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Franz Rehbein, Landarbeiter (um 1890)

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Hat man in diesem Zustand seine 15, 16 oder 18 Stunden heruntergerissen, so ist man im wahren Sinne des Wortes todmüde. Vor Ermattung bringt man das Abendessen kaum noch herunter; am liebsten würde man sich sofort zum Schlaf ausstrecken. Doch an Schlaf ist gleich nach Feierabend nur dann zu denken, wenn die Maschine mehrere Tage auf einem Hofe bleibt. Sehr häufig muß aber noch spät abends oder mitten in der Nacht von einem Hof zum anderen gezogen werden, manchmal gar nach einem Stunden weit entfernten Dorfe, und wenn’s Glück gut ist, noch dazu bei strömendem Regen. Fährt sich dann zu allem Überfluß das Geschütz auf den durchweichten schlickigen Marschwegen auch noch fest, so ist erst recht nicht an Ruhe zu denken. Mit Wuchtbäumen werden dann Lokomobile und Dreschkasten wieder flott gemacht, und alle Mann müssen mit in die Speichen greifen oder an Stricken und Ketten ziehen, um den Pferden tatkräftige Hilfe zu leisten. Ist man endlich an Ort und Stelle, so wird die Maschine bei Laternenschein wieder fix und fertig zum Dreschen klar gemacht, und dann erst kann jeder sehen wo er ein Lager findet, um noch ein paar Stunden zu ruhen.

Da für so viele Menschen auf den einzelnen Höfen kein Bettzeug vorhanden ist, so bekommen nur der Meister, der Heizer und die beiden Einleger eine Bettstatt, die übrigen Leute müssen sich im Stroh oder Heu oder Kaff verkriechen, wie sie es nun gerade vorfinden. Wie uns armen Teufeln mitunter zumute war, wenn wir mit durchnäßten Kleidern die kalten Herbstnächte im Stroh kampieren mußten, mag sich jeder selbst ausmalen. Ehe man sich eingenestelt hat und halbwegs warm geworden ist, klappern einem die Zähne mitunter hörbar im Munde, und gerade dann wenn man im besten Schlaf ist, ruft die Dampfpfeife schon wieder zu neuer Arbeit. Damit die Zeit nicht verschlafen wird, hat der Wasserträger die Nachtwache, er besorgt auch das rechtzeitige Anheizen der Lokomobile. Sind die Mannschaften nach dem Weckruf nun glücklich alle aus ihrem Strohlager hervorgekrochen, so fährt jeder mal kreuzweis mit dem Ärmel über die noch halbgeschlossenen Augen, und gleich darauf geht die Drescherei ihren Gang. An Waschen und Kämmen denkt niemand; es wäre auch überflüssig, denn schon nach wenigen Minuten wäre doch alles wieder wie vorher; höchstens könnte man sich die Augen noch mehr verderben wie schon ohnehin, weil sich der Staub gleich dick auf die feuchten Augenlider setzt und dort seine ätzende Wirkung ausübt.

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