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Fristenregelung in der DDR (13. März 1972)

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Die Gewissensentscheidung der Abgeordneten veranlaßte besonders kirchlich gebundene Bürger zu der Äußerung, daß dadurch die Autorität unserer Volkskammer erhöht wurde.

Verschiedentlich stellen Unionsfreunde die Frage, ob die Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ausschließlich aus der Fraktion der CDU kämen und somit ein[e] spezifisch christliche Haltung zum Ausdruck gebracht wurde. So äußerte z.B. Ufd.* Kniebusch (streng katholisch) aus Magdeburg-Stadt, da aus der Presse nicht ersichtlich sei, aus welchen Fraktionen die Gegenstimmen und Stimmenthaltungen kamen, müsse er überlegen, ob er nicht seinen Austritt aus der Partei erkläre. Ufd. Haupt, Komplementär aus Radebeul, BV Dresden, schrieb vor der Volkskammertagung in einem Brief an den Bezirksvorsitzenden, daß er davon überzeugt sei, daß die Unionsfreunde Götting und Sefrin in der Volkskammer gegen das Gesetz auftreten würden. Er bezieht sich dabei auf die persönliche Freundschaft zwischen Ufd. Götting und Albert Schweitzer. Er bezeichnete die Unterbrechung der Schwangerschaft als Mord am werdenden Leben und als eine Verletzung der Ehrfurcht vor dem Leben und äußerte, wenn die Volkskammerfraktion der CDU keine geschlossene Meinung gegen das Gesetz vertrete, sich von der CDU zu trennen.

Die Meinungsbildung zum Gesetzinhalt über die Unterbrechung der Schwangerschaft hat sich unter Unionsfreunden nach der Beschlußfassung durch die Volkskammer nicht geändert. Nach wie vor gibt es bei eng kirchlich gebundenen evangelischen und vor allem katholischen Christen weithin Ablehnung einer Schwangerschaftsunterbrechung.

Unleserlich


*Abkürzung für Unionsfreund. – Hg.



Quelle: Bundesarchiv Berlin, SAPMO, DY 30/IVB2/2.028m Blatt 40; abgedruckt in Henrik Eberle und Denise Wesenberg, Hg., Einverstanden E.H. Parteiinterne Hausmitteilungen, Briefe, Akten und Intrigen aus der Honecker-Zeit. Berlin, 1999, S. 74-75.

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