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Auf dem Weg zur Europäischen Union (19. November 1981)

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Bei unserer Initiative geht es im Grundsatz um dreierlei:

Erstens:
Sie soll weithin sichtbar das umfassende politische Ziel der Einigung Europas vor unser aller Augen stellen. Europäisches Handeln findet statt in fünf großen Bereichen:

der Wirtschaftsgemeinschaft in Brüssel, der Europäischen Politischen Zusammenarbeit, dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Gerichtshof.

Einmal vollendet, wird die Europäische Union ein Gemeinwesen eigener Art sein, das sich mit den traditionellen Begriffen des Bundesstaates und des Staatenbundes nicht fassen läßt.

Die Europäische Akte, die wir jetzt vorschlagen, hat deshalb die Aufgabe, für diesen vielverzweigten Prozeß der europäischen Einigung und des europäischen Handelns das Ziel der Europäischen Union festzulegen. In einer Deklaration von hohem politischen Rang sollen sich die Mitgliedstaaten auf dieses Ziel verpflichten.

Zweitens:
Die Europäische Akte soll für die fünf großen institutionellen Bereiche der Zusammenarbeit einen Gesamtrahmen schaffen.

Wir wollen damit das Erreichte festigen, ungeschriebene Praktiken der Zusammenarbeit formalisieren und sichern, Anstöße geben für eine Weiterentwicklung des Bestehenden, und wir wollen vor allem ein kohärentes Zusammenwirken der beteiligten Institutionen miteinander vorantreiben. Die Akte enthält deshalb Vorschläge zum Beispiel für den Ausbau der Europäischen Politischen Zusammenarbeit, und sie fordert, die Entscheidungsstrukturen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Politischen Zusammenarbeit unter der Verantwortung des Europäischen Rats zusammenzuführen.

Die Handlungsfähigkeit Europas auch nach außen macht es notwendig, die Außenpolitik der Europäischen Politischen Zusammenarbeit und die Außenwirtschaftspolitik der Europäischen Gemeinschaft zu einer kohärenten und umfassenden europäischen Politik zu integrieren.

Ein besonderes Anliegen ist es, Zusammenarbeit und Dialog zwischen Europäischem Parlament und Gemeinschaft, Europäischer Politischer Zusammenarbeit sowie Europäischem Rat kräftig weiterzuentwickeln und die Mitwirkungs- und die Kontrollfunktionen des Parlaments zu stärken. Wir greifen deshalb eine Reihe von Forderungen des Parlaments auf und versuchen ihnen, soweit es ohne Änderungen der Verträge möglich ist, zu entsprechen. Hier geht es um die demokratische Legitimation der Gemeinschaft. Ein starkes Parlament ist ein Motor für die europäische Einigung und ein Zentrum europäischen Bewußtseins. Ich möchte für die Bundesregierung hinzufügen, daß wir uns erhoffen, daß aus den Beratungen des Europäischen Parlaments gerade für diesen Bereich zusätzliche Anregungen kommen, die wir bei der Meinungsbildung im Ministerrat gern berücksichtigen wollen.

Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, die europäischen Entscheidungsprozesse zu verbessern. Wir plädieren insbesondere dafür, in den Ministerräten die von den Verträgen vorgesehene Mehrheitsentscheidung auch in der Praxis wieder zur Regel, und die Berufung auf „vitale Interessen" zur Ausnahme zu machen.

Drittens:
Das bisher Beschriebene zielt darauf, das in der europäischen Einigung bisher Erreichte zusammenzufassen und die in ihm angelegten Möglichkeiten zur Weiterentwicklung auszuschöpfen.

Es sollen darüber hinaus Anstöße für die Einbeziehung wesentlicher neuer Bereiche in die europäische Zusammenarbeit gegeben werden: In die außenpolitische Zusammenarbeit sollten auch Fragen der Sicherheitspolitik aufgenommen werden. Die Stimme Europas muß gerade in diesen Tagen deutlicher zu hören sein.

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