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Die 3. Oberste Heeresleitung und die deutschen Kriegsziele (11. Mai 1918)

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Der Herr Reichskanzler bemerkt, es würde eine harte Zumutung für Kaiser Karl sein, wenn man von ihm verlangen wollte, daß er die bevorstehenden Unterhandlungen gleich mit einem Verzicht auf Polen beginne.

General Ludendorff legt hierauf dar, seinerzeit sei vereinbart worden, daß Deutschland sich Polen angliedern solle, während Österreich in Rumänien freie Hand haben sollte. Später sei das Gegenteil verabredet worden: gegen einen Verzicht auf Polen sollte Deutschland sich Rumänien politisch und wirtschaftlich angliedern können. Dies sei im rumänischen Frieden nicht erreicht worden. Infolgedessen sei die Grundlage für die austro-polnische Lösung fortgefallen. Wäre der rumänische Friede wirklich so abgeschlossen, wie es bei den letzterwähnten Abmachungen seinerzeit ins Auge gefaßt worden war, so würde er nicht gegen die austro-polnische Lösung auftreten können, da dies dann illoyal sein würde. Unter den gegebenen Umständen könne aber Deutschland nicht der Vorwurf der Illoyalität gemacht werden, wenn es sich nicht mehr an die austro-polnische Lösung für gebunden erachte. Es sei daher auch nicht hart für Kaiser Karl, einen Verzicht auf die austro-polnische Regelung auszusprechen.

Generalfeldmarschall von Hindenburg betont, die Gelegenheit sei außerordentlich günstig. Sie müsse ausgenutzt werden.

General von Cramon meint, Kaiser Karl sei garnicht so sehr für die austro-polnische Lösung eingenommen.

Der Herr Reichskanzler erklärt, die Verhandlungen müßten sich erst auf die drei Punkte - d. h. auf die politische, die militärische und die wirtschaftliche Einigung - erstrecken, dann erst dürfe das polnische Problem angeschnitten werden. Die Verhandlungen müßten also in der Weise geführt werden, wie es sich aus der Fassung des von ihm verlesenen Entwurfes ergebe.

General Ludendorff spricht sich nochmals dahin aus, daß er durchaus für einen Waffenbund und für ein Bündnis mit Österreich-Ungarn sei, wenn die austro-polnische Lösung falle. General von Arz sei übrigens auch kein Freund des letzteren.

Staatssekretär von Kühlmann bemerkt, man müsse, wenn man auf die austro-polnische Lösung verzichten wolle, jedenfalls wissen, welche andere Lösung man an deren Stelle setzen wolle. Man habe von einer sogenannten Kandidatenlösung gesprochen. Doch sei noch wenig geklärt, was man darunter eigentlich zu verstehen habe.

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