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Ausbau der Hochschullandschaft (3. September 1966)

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Nur drei Fakultäten
Von diesem Zentrum aus soll sich die Universität langsam ausbreiten. Hier soll zunächst der Sitz der Verwaltung entstehen, deren Spitze der derzeitige Kanzler der Universität Bonn, Freiherr von Medem, bilden wird. Außerdem wird das Zentrum die Bauplanung beherbergen sowie die ersten Institute als Zellen für die neue Universität, die im Gegensatz zu den bisherigen Hochschulen für drei Fakultäten haben soll: Rechts- und Staatswissenschaften, Philosophie und Naturwissenschaften.

Von Anfang an will man den „Numerus clausus” einführen, also eine zahlenmäßige Beschränkung der Studenten, damit auf jeden Professor nur 30 Studenten treffen und ein wirklicher Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden gewährleistet ist. 150 Lehrstühle sind geplant, so daß die Universität nach Vorstellung der Planer 4500 Studenten aufnehmen kann. Ob sich diese Zahl allerdings einhalten läßt, wird von manchen Kennern der Lage bezweifelt. So wie in Bochum sollen in Bielefeld vor allem Studenten aus der näheren Umgebung studieren.

Der Gründungsausschuß unter Vorsitz von Professor Mikat plant noch eine ganze Reihe weiterer Reformen, um der Universität wirklich ein neues Gesicht zu geben. So sollen sich die Professoren bedeutend stärker als anderswo der Forschung widmen können. Diese soll mit der Lehre in jährlichem Turnus abwechseln. Die starke Spezialisierung soll durch ein „Zentrum für interdisziplinäre Forschung” ausgeglichen werden. Hier gedenkt man gemeinsame wissenschaftliche Programme in Angriff zu nehmen.

Durch eine zeitliche Begrenzung will man vermeiden, daß diese Programme institutionalisiert und somit wiederum „Dauerspezialisten” auf irgendeinem Zwischengebiet erzeugt werden. Die Gelehrten, die einige Zeit in interdisziplinärer Forschung zusammengearbeitet haben, sollen nach Abschluß ihrer Arbeiten wieder zu ihrem Fach zurückkehren, um sich gegebenenfalls nach einiger Zeit wieder mit weiteren Kollegen zu einem besonderen Programm zusammenzutun.

Auch der Vorlesungsbetrieb wird sich von den Gepflogenheiten an herkömmlichen Universitäten unterscheiden. Der Stoff, den sich der Student durch eigene Lektüre aneignen kann, soll nicht auch noch vom Professor vorgelesen werden. Statt also aus eigenen oder fremden Büchern zu rezitieren (wie das häufig der Fall ist), soll der Professor sich auf diejenigen Dinge beschränken, die man am besten mündlich vermittelt. So können nach Ansicht der Universitätsplaner nicht nur die Professoren besser eingesetzt werden, sondern man erreicht auch eine Intensivierung und Konzentration des Studiums. Ein Grundstudium, das in seinem Stoff klar umrissen ist, wird 4 bis 5 Semester dauern.

Der Aufbau der Universität soll 1971 abgeschlossen sein. Über eine Milliarde Mark wird der Bau und die Einrichtung der Institute, vorsichtigen Schätzungen zufolge, dann wenigstens gekostet haben. Vorläufig aber weiden noch Kühe auf dem zukünftigen Universitätsgelände.



Quelle: Wolfgang Kuballa, „Wo heute noch die Kühe weiden ...“, Süddeutsche Zeitung, 3. September 1966.

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