GHDI logo


Clemens Fürst von Metternich an Friedrich Gentz in Perugia (17. Juni 1819); Metternichs Antwort auf einen Brief von Gentz (3. Juni 1819)

Die weiterhin aufgeworfene Frage nach einer verfassungstechnischen Einschränkung autoritärer Herrschaft des Monarchen beantwortet der österreichische Kanzler Clemens Fürst von Metternich (1773-1859) in dem hier wiedergegebenen Brief an seinen Sekretär Friedrich Gentz (1764-1832) vom 17. Juni 1819 ablehnend und tritt für geeinte Anstrengungen der Monarchien Europas zur Festigung ihrer Herrschaft ein.

Druckfassung     Dokumenten-Liste letztes Dokument im vorherigen Kapitel      nächstes Dokument

Seite 1 von 3


Ich danke Ihnen für Ihren sehr interessanten Bericht vom 3. d. Mts. Ich theile ganz die Ansichten des Adam Müller, und indem ich sie theile, finde ich mich in dem von mir eingeschlagenen Gange bestärkt.

Daß der Studentenschwindel abnimmt oder sich gegen eine andere Seite als die politische wendet, wundert mich nicht. Die Sache liegt in der Natur der Dinge. Der Bursche, für sich selbst genommen, ist ein Kind, und die Burschenschaft ein unpraktisches Puppenspiel. Auch habe ich nie – hievon sind Sie Zeuge – von Studenten gesprochen, aber wohl mein ganzes Augenmerk auf die Professoren gerichtet. Nun gibt es keine ungeeigneteren Conspirateurs als es die Professoren, einzeln und vereint genommen, sind. Man conspirirt nur ausgiebig gegen Dinge und nicht gegen Sätze. Freilich können die letzteren zur Macht erwachsen, aber dies wird nie der Fall sein, wenn sie aus der Sphäre der Theologie treten. Dort, wo sie politisch sind, müssen sie durch die That unterstützt werden, und die That ist der Umsturz der bestehenden Institutionen und die Durchführung des »ôtez-vous de là que je m'y mette«. Dieses Geschäft wissen Gelehrte und Professoren nicht zu treiben, und zu dessen Beförderung ist die Classe der Advocaten die bessere. Ich kenne beinahe keinen Gelehrten, welcher den Werth des Eigenthums kennt, wohingegen die Advocatenkaste stets im Eigenthum Anderer umwühlt. Nebstbei sind die Professoren beinahe ohne Ausnahme Theoretiker, während es nichts Praktischeres gibt als die Advocaten.

Daß demnach die Revolution auf den Universitäten erzeugt werden dürfte, habe ich nie gefürchtet, daß sich aber auf selben eine ganze Generation von Revolutionärs bilden müsse, wenn dem Uebel nicht Schranken gesetzt würden, scheint mir sicher. Ich hoffe, daß dem Universitätsübel in seinen ärgsten Symptomen vorgebeugt werden wird, und hiezu werden vielleicht weniger die Maßregeln der Regierungen ausgiebig beitragen, als die Ermüdung der Studenten, die Verblödung der Professoren und die verschiedene Richtung, welche das Studium annehmen wird, und dies zwar aus eigener Quelle. Dieses Gefühl wird mich jedoch nie in meinem Vorschreiten von Oben herab aufhalten, und die einzigen mir möglich scheinenden Maßregeln hiezu sind ergriffen.

Wenn wir beisammen sein werden, kann ich Ihnen über den Gang des Geschäftes viele beruhigende Aufschlüsse geben, welche ich Ihnen aus der Ferne ohne eine ungeheure Correspondenz nicht mitzutheilen vermag, und welche selbst unter dieser Bedingung noch äußerst seicht und unvollständig bleiben müßten.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite