GHDI logo


Gesetz über die Bundes- und Staatsangehörigkeit (1. Juni 1870)

Dieses vom Norddeutschen Reichstag erlassene Gesetz regelte das Verfahren, durch das Einwohner ihre Staatsangehörigkeit erwerben oder verlieren konnten. Es basierte auf dem Prinzip des ius sanguinis, also dem Abstammungsrecht: man erwarb die Staatsbürgerschaft von seinen Eltern. Dieses Gesetz wurde 1871 als Reichsgesetz übernommen und blieb bis zu seiner Überarbeitung 1913 in Kraft.

Zur Beachtung: in dem unten abgedruckten Text wurden diejenigen Paragrafen, die sich direkt auf Staaten beziehen, welche noch nicht zum Deutschen Reich gehörten und solche, die durch das Reichsgesetz vom 22. April 1871 ersetzt wurden, gestrichen. Das gleiche gilt für die durch das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 getroffenen Änderungen.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 5


Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit*



§ 1. Die Bundesangehörigkeit wird durch die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate erworben und erlischt mit deren Verlust.

[ . . . . ]

§ 2. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird fortan nur begründet:

1. durch Abstammung (§ 3),
2. durch Legitimation (§ 4),
3. durch Verheirathung (§ 5),
4. Für einen Norddeutschen durch Aufnahme und (§§ 6 ff.).
5. für einen Ausländer durch Naturalisation (§§ 6 ff.).

Die Adoption hat für sich allein diese Wirkung nicht.

§ 3. Durch die Geburt, auch wenn diese im Auslande erfolgt, erwerben eheliche Kinder eines Norddeutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder einer Norddeutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter.

§ 4. Ist der Vater eines unehelichen Kindes ein Norddeutscher und besitzt die Mutter nicht die Staatsangehörigkeit des Vaters, so erwirbt das Kind durch eine den gesetzlichen Bestimmungen gemäß erfolgte Legitimation die Staatsangehörigkeit des Vaters.

§ 5. Die Verheirathung mit einem Norddeutschen begründet für die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Mannes.

§ 6. Die Aufnahme, sowie die Naturalisation (§ 2 Nr. 4 und 5) erfolgt durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte Urkunde.



* Wo in dem Gesetz von 1870 von „Norddeutschen“ die Rede ist, war seit 1871 sinngemäß „Deutsche“ zu lesen. [Alle Fußnoten stammen aus: Ernst Rudolf Huber, Hg., Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, 3. Bearb. Aufl., Bd. 2, 1851-1900. Stuttgart: Kohlhammer, 1986, S. 313-17.]

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite