Für eine rechte Würdigung der Gesindehaltung scheint uns vor allem der Umfang des landwirtschaftlichen Betriebes von hoher Bedeutung. Das zeigt auch die Statistik. In Südwestdeutschland findet sich am meisten Gesinde und deutet so darauf hin, daß diese Arbeiterkategorie heutzutage mehr für Betriebe paßt, wo der Wirtschafter in der Regel selbst mit arbeitet, wo das Gesinde mit dem Arbeitgeber noch zu Tische sitzt. Hier hält es der Bauernsohn auch nicht für seiner unwürdig, Knechtsstellung anzunehmen. Anders beim Großgrundbesitze. Hier ist das Gesinde in die Leutestube verwiesen. Die Zubereitung der Kost wird in der Regel einer angestellten Person überlassen. Kein Zweifel, daß unter solchen Umständen die Beköstigung des Gesindes oft sehr mangelhaft sein kann und in der That auch ist. Die Beköstigung der Dienstboten macht gegen 60% ihres Gesamteinkommens aus (Krämer). Das Gesinde legt deshalb auf die Kost gerade ein Hauptgewicht. [ . . . ] So ist man denn dazu geschritten, oft durch die Unbescheidenheit und Roheit des jungen Volks gezwungen, ein bestimmtes Deputat auszusetzen, nach Gegend und Sitte verschieden, und die Verpflegung im Hause einer Arbeiterfamilie zu bewirken. Auch läßt man wohl die Beköstigung des Gesindes auf dem Hofe durch einen Speisemeister (Schweizer, Schaffer, Oberknecht) gegen fixe Naturalvergütung besorgen.
Durch dieses Vorgehen kann aber die hohe soziale Bedeutung der Gesindehaltung illusorisch werden, denn gerade in den Gegenden mit mehr bäuerlicher Bevölkerung, und hier ist die Möglichkeit Gesinde zu erhalten noch am größten, ist seine Stellung nur eine soziale Übergangsstufe, soll die häusliche Erziehung des jungen Arbeiters oder Bauern ergänzen und vervollständigen. Das ist nun sehr erschwert, wenn das Gesinde außerhalb des Hofes in einer Arbeiterfamilie beköstigt wird und bis auf die wöchentlich neu aufziehende Stallwache vielleicht nicht einmal auf dem Hofe selbst wohnt.