Ueber die judenfeindliche Bewegung in Deutschland.
(Referat erstattet auf dem dritten ordentlichen Gemeindetag zu Leipzig am 11. April 1880.)
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Die neuere judenfeindliche Literatur nahm ihren Ausgangspunkt vom Culturkampfe. Aus dem Kreise derer, gegen welche dieser Kampf gerichtet war, wurden mit dem von Alters her bekannten Fanatismus der Dominikaner, „der Talmudjude“ und alle jene, den Talmud und die Juden dem allgemeinen Abscheu preisgebenden Schriften herausgegeben, die in unzähligen Nachahmungen noch heute, namentlich in der Hauptstadt Schlesiens, vervielfältigt werden. Auf anderer aber wahlverwandter Seite stimmten agrarische Schriftsteller in die Hep-Hep-Rufe.
Die Dritten im Bunde waren die sogenannten Christlich-Socialen, welche agrarische Tendenzen mit socialdemokratischen Maximen zu verquicken suchten. Als vierter trat ein Pessimist auf, ein Ultra-Radicaler, der unzufrieden war mit Allem, was sich in Deutschland zugetragen, dem keine politische Partei es recht gemacht, und der nun alle Schuld für die politischen und socialen Zustände in Deutschland den Juden zur Last legte. An diesen Pamphletisten schlossen sich andere Unzufriedene mit ähnlichen Geistesprodukten an.
Zuletzt kam noch ein streng nationalliberaler Professor, um in gewählteren Ausdrücken, in maßvollerer Sprache dem deutschen Volke zu verkünden, daß die Juden ein Unglück für Deutschland seien. So ist der Kampf auf allen Linien ausgebrochen. Die äußerste Rechte, die Hofpredigerpartei, das Centrum, Nationalliberale von der strengsten Observanz, Ultra-Radikale, haben das Feldgeschrei wider die Juden erhoben. Sabuni Kidevaurim.
Nach allen drei Richtungen hin – der religiösen, der politischen, der sozialen, wird in dieser feindseligen Literatur gegen uns gewühlt; und mit den einander widersprechendsten Gründen obendrein. Die Einen versichern, daß sie es gar nicht mit der Religion und mit den Personen, nur mit dem Volksstamme zu thun haben. Die Anderen greifen die Religion, namentlich den Talmud, auch das alte Testament an. Hierin gehen sonderbarerweise die auf dem konfessionell strengsten Standpunkte Stehenden mit den konfessionslosesten Allesverneinern Hand in Hand. Eine und dieselbe Nummer eines mitteldeutschen offiziellen Blattes brachte Ende November 1879 als Leitartikel einen Stoßseufzer gegen den religiösen Liberalismus, im Feuilleton ein freudestrahlendes Referat über die Zerfleischung des alten Testaments und der alten Hebräer, die in der neuesten „Kulturgeschichte des Judenthums“ vom radikalsten, konfessionslosesten Standpunkte aus versucht wird.
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