Heinrich Himmler über Religion und Christentum (9. Juni 1942)
Obwohl sich das Hitler-Regime weitgehend auf die Unterwerfung und Verdrängung der christlichen Kirchen beschränkte und eine „Endlösung der Kirchenfrage” bis zum Kriegsende verschob, gab es innerhalb des Regimes auch weit radikalere Gruppierungen, die eine alsbaldige „Entchristlichung“ des deutschen Volkes forderten. Schon Anfang des Jahrhunderts hatte es verschiedene neuheidnische Ströme in Deutschland gegeben, die oft völkisch-rassistische Anschauungen vertraten und die spirituelle Regeneration der Nation durch ihre angeblich wahre nordisch-germanische Religion anstrebten. Nach 1933 unterstützte die NSDAP offiziell die sogenannte „Gottgläubigkeit“, eine neuheidnisch-angelehnte Ersatzreligion, die bis 1939 über 3 Millionen Anhänger unter der deutschen Bevölkerung zählte. Einer der wichtigsten NS-Verfechter eines rassenmystischen Paganismus war Heinrich Himmler, der seine SS als eine germanische Elitesippe betrachtete. In der folgenden, auf der Beerdigung Heydrichs gehaltenen Rede Himmlers vom 9. Juni 1942 erklärte er vor Führern der SS einige seiner Glaubensgrundsätze, die vor allem auf einer generellen Individualitäts- und Menschenverachtung beruhten.
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[ . . . ] Wir werden mit dem Christentum in noch stärkerer Form als bisher fertig werden müssen. Mit diesem Christentum, dieser größten Pest, die uns in der Geschichte anfallen konnte, die uns für jede Auseinandersetzung schwach gemacht hat, müssen wir fertig werden. Wenn es unsere Generation nicht tut, würde es sich, glaube ich, noch lange hinziehen. Wir müssen innerlich mit ihr fertig werden. Ich habe heute an dem Begräbnistag von Heydrich in meiner Rede mit voller Absicht meine tiefste innere Überzeugung eines Glaubens an Gott, eines Glaubens an das Schicksal, an den Uralten, wie ich ihn nannte – das ist das alte germanische Wort: Wralda – ausgesprochen. Wir werden für alle Dinge wieder Maßstäbe in unserem Volk finden müssen, den Maßstab des Makrokosmos und des Mikrokosmos, der Sternenhimmel über uns und die Welt in uns, die Welt, die wir im Mikroskop sehen. Das Wesen dieser größenwahnsinnig Gewordenen, auch gerade der Christen, die von einer Beherrschung dieser Erde durch die Menschen reden, muß einmal abfallen und in die richtigen Maße zurückgeschraubt werden. Der Mensch ist gar nichts Besonderes. Er ist irgendein Teil auf dieser Erde. Wenn ein stärkeres Gewitter kommt, kann er schon gar nichts dagegen machen. Er kann es nicht einmal voraussagen. Er hat nicht die Ahnung, wie eine Fliege organisiert ist – so unangenehm sie ist, sie ist ein Wunder –, wie eine Blüte organisiert ist. In diese Welt muß er wieder tief ehrfürchtig hineinsehen. Dann bekommt er einmal den richtigen Maßstab, was über uns ist, wie wir in diesen Kreislauf verflochten sind.
Dann muß auf einer anderen Ebene etwas sein: wir müssen wieder verankert sein in Ahnen und Enkel, in diese ewige Kette und ewige Reihe. [ . . . ] Wir müssen unserem Volk in einer allertiefsten weltanschaulichen Verankerung von Ahnen und Enkeln wieder nahebringen, daß es eben Söhne haben muß. Wir können sehr, sehr viel tun. Aber alles, was wir tun, muß der Sippe gegenüber, den Ahnen gegenüber verantwortet werden. Wenn wir diese allertiefste und allerbeste, weil allernatürlichste moralische Verankerung nicht finden werden, werden wir nicht fähig sein, auf dieser Ebene das Christentum zu überwinden und das germanische Reich zu bilden, das ein Segen für die Erde sein wird. Das ist ja unser Auftrag als Volk auf dieser Erde. Seit Jahrtausenden war es der Auftrag dieser blonden Rasse, die Erde zu beherrschen und ihr immer wieder Glück und Kultur zu bringen. [ . . . ]
Quelle: Rede vor den Oberabschnittsführern und Hauptamtschefs im Haus der Flieger in Berlin am 9. 6. 1942 (Gedenkrede für Reinhard Heydrich), U.S. National Archives and Records Administration, College Park, MD, T-175, Roll 90, Frames 2664-2685; abgedruckt in Heinrich Himmler, Heinrich Himmler: Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen. Bradley F. Smith und Agnes F. Peterson, Hg. Frankfurt am Main: Propyläen, 1974, S. 159-61.
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