Das Protokoll der Wannseekonferenz (20. Januar 1942)
Als Folge von Hitlers Anweisungen erteilte Hermann Göring (1893-1946) am 31. Juli 1941 dem RSHA-Chef Reinhard Heydrich (1904-1942) den Auftrag, einen Gesamtentwurf zur sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ auszuarbeiten. Heydrichs Einsatzgruppen waren bereits seit einigen Wochen damit beschäftigt, die eroberten Gebiete durch Massenerschießungen von Juden und anderen angeblichen Volksfeinden zu „säubern“. Obwohl diese Massenerschießungen bis zum Ende des Krieges weitergeführt werden sollten, versuchte die SS-Leitung, weit effizientere Methoden zur geplanten Vernichtung von rund 11 Millionen europäischen Juden zu entwickeln. So begannen im Dezember 1941 Experimente mit Abgasvergiftungen in fahrenden Lastwagen in Chelmno im besetzten Polen. Zum gleichen Zeitpunkt wurde dort auch das erste Vernichtungslager eingerichtet. Um die zukünftige Deportation und Ermordung der europäischen Juden voranzutreiben und zwischen den beteiligten Staats- und Parteiinstanzen zu koordinieren, lud Heydrich am 20. Januar 1942 zu einer geheimen Konferenz in der Villa am Berliner Wannsee, dem Konferenz- und Gästehaus des RSHA. Die 15 Beteiligten, hochrangige SS-, NSDAP- und Regierungsvertreter, stimmten dem schon begonnenen Vernichtungsprogramm zu, das vorsah, Europas Juden in die Ostgebiete zu deportieren und dort zu ermorden. Das unten angeführte Konferenzprotokoll wurde von Adolf Eichmann (1906-1962) geführt, der den geplanten Völkermord hinter einer Reihe von Euphemismen verbarg. Trotz seiner sprachlichen Verschleierung enthält das Protokoll den eindeutigen Beweis für die von den Nazis verfolgte „Endlösung,“ wie sie, laut der Definition des Historikers Christopher Browning, heute verstanden wird: als „der systematische Versuch, alle Juden zu töten, deren die Deutschen habhaft werden konnten.“ Das Protokoll wurde 1947 von Mitarbeitern Robert Kempners, des US-Anklägers in den Nürnberger Prozessen, in Berlin entdeckt und ein Jahr später zum wichtigen Beweisdokument im Prozess gegen die leitenden Beamten der Ministerien.
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Geheime Reichssache
30 Ausfertigungen 16. Ausfertigung Besprechungsprotokoll. I. An der am 20.1.1942 in Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, stattgefundenen Besprechung über die Endlösung der Judenfrage nahmen teil: Gauleiter Dr. Meyer und Reichsamtsleiter Dr. Leibbrandt | Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete | Staatssekretär Dr. Stuckart | Reichsministerium des Innern | Staatssekretär Neumann | Beauftragter für den Vierjahresplan | Staatssekretär Dr. Freisler | Reichsjustizministerium | Staatssekretär Dr. Bühler | Amt des Generalgouverneurs | Unterstaatssekretär Luther | Auswärtiges Amt | SS-Oberführer Klopfer | Partei-Kanzlei | Ministerialdirektor Kritzinger | Reichskanzlei | SS-Gruppenführer Hofmann | Rasse- und Siedlungshauptamt | SS-Gruppenführer Müller SS-Obersturmbannführer Eichmann | Reichssicherheitshauptamt | SS-Oberführer Dr. Schöngarth Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement | Sicherheitspolizei und SD | SS-Sturmbannführer Dr. Lange Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD für den Generalbezirk Lettland, als Vertreter des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD für das Reichskommissariat Ostland. | Sicherheitspolizei und SD | |