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Alfred Krupp, eine Ansprache an seine Angestellten (11. Februar 1877)

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Ich habe Kräfte gebraucht und solche engagiert, ich habe ihnen den geforderten Lohn gezahlt, meistens ihre Stellung verbessert und, nach gesetzlichen Bestimmungen, den Kontrakt verlängert oder sie entlassen. Mancher hat die Fabrik verlassen, um anderswo sich zu verbessern, der eine ist gegangen und ein anderer hat die Stelle wieder besetzt, und wo ursprünglich drei Mann beschäftigt waren, standen später 15 000. Im Laufe der Zeit haben mehr als 100 000 Mann solchen Wechsel auf meinen Werken durchgemacht. Jeder hat nach seiner Kraft und nach seiner Fähigkeit seinen Lohn erhalten, und anstatt eines jeden konnte in den meisten Fällen auch ein anderer hingestellt werden, denn die Arbeiter haben nicht das Verdienst der Erfindungen und überall finden sich geschickte Arbeiter zum Ersatz. Es kann also keine Rede davon sein, daß irgend jemand einen besonderen Anspruch behalte außer solchem, der selbstverständlich ist, der in Steigerung des Lohnes und des Gehaltes besteht und immer Folge größerer Leistung ist. Die Apostel der Sozialdemokraten suchen aber den bescheidensten Leuten durch ihre verführerischen Reden den Kopf zu verdrehen, und sie werden das Unglück von manchem Arbeiter verschulden, der ihnen Gehör schenkt und deshalb entlassen wird.

Der gewerbliche Arbeitgeber muß gerade wie der Landmann auf Wechselfälle vorbereitet sein. Beide haben oft die Kosten für die Saat und keine Ernte. Der Arbeiter will aber ungeschmälert seinen Lohn für seine Arbeit. Die Gußstahlfabrik muß ohne Scheu vor Kosten ihre Agenten in alle Enden des Erdballs senden, um Arbeit für die Fabrik zu beschaffen, und nicht immer geschieht dies mit Erfolg. Es treten Jahre ein, welche keinen Gewinn abwerfen, der Arbeiter aber erhält trotzdem seinen Lohn. Es muß in guten Jahren notwendige Kraft gewonnen werden, um die schlechten zu überstehen. Ohne Reserve im Gewinn, müßte man in schlechten Jahren die Leute gehen lassen. Es hat dagegen die Fabrik in den schlechtesten Jahren, wenn alles darniederlag, dennoch die Arbeit fortgesetzt, auf Vorrat fabriziert oder zu Preisen mit Verlust geliefert, bloß zu dem Zwecke, die Leute zu ernähren und den Herd warm zu halten. – Die Lehre der Sozialisten streitet auch mit dem jedem Menschen eingeborenen Rechtsgefühl; sowie jedermann sein Eigentum verteidigt, so tue ich dasselbe. – Wenn mein Gedanke mein ist, so ist auch meine Erfahrung mein und die Frucht derselben. – Dasselbe gilt für die Gußstahlfabrik und ihre Produktion. Ich habe die Erfindungen und neuen Produktionen eingeführt, nicht der Arbeiter. Er ist abgefunden mit seinem Lohne, und ob ich darauf gewinne oder verliere, das ist meine eigene Sache. [ . . . ]

Ich habe den Mut gehabt, für die Verbesserung der Lage der Arbeiter Wohnungen zu bauen, worin bereits 20 000 Seelen untergebracht sind, ihnen Schulen zu gründen und Einrichtungen zu treffen zur billigen Beschaffung von allem Bedarf. Ich habe mich dadurch in eine Schuldenlast gesetzt, die abgetragen werden muß. Damit dies geschehen kann, muß jeder seine Schuldigkeit tun in Friede und Eintracht und in Übereinstimmung mit unsern Vorschriften. [ . . . ]

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