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Alfred Krupp, eine Ansprache an seine Angestellten (11. Februar 1877)

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Der größte Teil der Arbeiten geht in fremde Länder über den ganzen Erdball. Diese Ausnahmestellung verdankt das Werk dem alten Rufe, dem Vertrauen, welches die Verwaltung seit der Existenz der Fabrik vor und nach erworben hat. Ohne dieses an Personen gebundene Vertrauen fällt der ganze Verkehr weg. Kein Staat und keine Regierung wird das Etablissement als das alte ansehen und respektieren, wenn auch nur das leitende Personal gewechselt wird; der Charakter der Sozialdemokratie wird aber nur zu Mißtrauen und Abneigung veranlassen. Die Verfechter der neuen Lehre für Glückseligkeit der Völker werden sich aber auch nicht mit diesem bloßen Anfange der Umwälzung begnügen, sie werden weiter gehen von Stufe zu Stufe. Sie wollen keinen Thron, keine Regierung, keine Religion, kein Eigentum und kein Erbe, auch ebensowenig Zucht, Scham und Sitte anerkennen und gelten lassen. Was Jahrhunderte an Gutem geschaffen, veredelt und geheiligt haben, soll vernichtet werden, und selbstverständlich geht das nicht ohne Feuer und Schwert. Was eine fleißige sparsame Familie, was eine Generation ehrlich erworben hat, soll der Faule, Liederliche sich aneignen dürfen, und wenn er einmal seinen Teil verzehrt hat, so teilt er nachher wiederholt mit denjenigen, welche inzwischen durch Fleiß und Sparsamkeit sich wieder etwas erworben haben. Das ist in klaren Worten das Ziel, wonach diese ausschreitenden Verfechter der neuen Lehre streben. [ . . . ]

Ich verlasse nun dieses häßliche Bild und so unerquickliche Betrachtungen, um zu einem andern Gegenstande überzugehen und zwar zu der Geschichte meiner Werke, damit Ihr einsehen möget, aus welchen Gründen und mit welchem Rechte ich nicht eine Hand breit nachgebe in meinen Forderungen. [ . . . ]

Es ist bekannt und braucht nicht wiederholt zu werden, daß im Jahre 1826 die verfallene Gußstahlfabrik ohne Vermögen mir zur Führung anvertraut wurde. Mit wenigen Leuten fing ich an, sie verdienten mehr und lebten besser als ich; so ging es fast fünfundzwanzig Jahre fort mit Sorgen und mühevoller Arbeit, und als ich dann eine größere Zahl von Leuten beschäftigte, war dennoch mein Vermögen geringer, als was heute mancher Arbeiter der Gußstahlfabrik besitzt. Es waren sehr brave Leute, mit denen ich die Arbeiten begonnen und durchgeführt habe, und ich danke ihnen allen, den meisten bereits verewigten, auch nachträglich für ihre Treue. Jene aber, die ich von der Herde, vom Pflug als arbeitslose Handwerker oder als Kinder von Witwen angenommen habe, traten gern bei mir ein, weil sie ihr Los verbesserten, und sie haben in den meisten Fällen auch dafür ihren Dank gern ausgedrückt. Mancher von ihnen ist ein wohlhabender Mann geworden. [ . . . ] Es ist niemandem jemals eingefallen, nach Empfang des vereinbarten Lohnes noch einen Anspruch zu haben an den Gewinn. Für diesen Anspruch treten aber heutigen Tages gelehrte Volksbeglücker mit den schönen Redensarten auf, und diese haben zu den sozialistischen Lehren geführt.

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