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Heimlich aufgezeichnete Unterhaltungen deutscher Kernphysiker auf Farm Hall (6./7. August 1945)

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HEISENBERG: Vielleicht haben sie nichts weiter gemacht als 235 produziert und damit eine Bombe gemacht. Dann muß es jede Menge wissenschaftliche Dinge geben, über die zu arbeiten interessant wäre.

HAHN: Ja, aber sie müssen verhindern, daß die Russen es machen.

HEISENBERG: Ich möchte wissen, was Stalin heute abend denkt. Natürlich haben sie gute Leute wie Landau, und die können es auch schaffen. Da ist nicht viel dran, wenn man über die Spaltung Bescheid weiß. Das Ganze ist eine Frage der Isotopentrennung.

HAHN: Nein, in dieser Hinsicht sind ihnen die Amerikaner und überhaupt alle Angelsachsen weit überlegen. Ich habe das Gefühl, daß der Krieg gegen Japan in den nächsten Tagen zu Ende ist und wir dann wahrscheinlich ziemlich bald nach Hause geschickt werden und alles viel leichter sein wird als zuvor. Wer weiß, ob das am Ende vielleicht ein Segen ist?

8. Die Gäste beschlossen, ihre Besorgnis nach außen nicht zu zeigen. Folglich bestanden sie darauf, wie gewöhnlich bis nach Mitternacht Karten zu spielen. Von Weizsäcker, Wirtz, Harteck und Bagge blieben noch zusammen, nachdem die anderen zu Bett gegangen waren. Es fand das folgende Gespräch statt:

BAGGE: Wir müssen vor diesen Leuten den Hut ziehen, weil sie den Mut hatten, so viele Millionen zu riskieren.

HARTECK: Es hätte uns gelingen können, wenn die obersten Behörden gesagt hätten: «Wir sind bereit, alles zu opfern.»

WEIZSÄCKER: In unserem Fall haben selbst die Wissenschaftler gesagt, daß die Sache nicht zu schaffen sei.

BAGGE: Das stimmt nicht. Sie waren selber auf dieser Konferenz in Berlin. Ich glaube, es war am 8. September, daß jeder gefragt wurde – Geiger, Bothe und Sie, Harteck, waren auch da –, und jeder sagte, es müsse sofort gemacht werden. Jemand sagte: «Es ist natürlich eine offene Frage, ob man so etwas überhaupt machen sollte.» Daraufhin stand Bothe auf und sagte: «Meine Herren, es muß gemacht werden.» Dann stand Geiger auf und sagte: «Wenn auch nur die geringste Aussicht besteht, daß es möglich ist – dann muß es gemacht werden.» Das war am 8. September 1939.

WEIZSÄCKER: Ich weiß nicht, wie Sie so was sagen können. 50 Prozent der Leute waren dagegen.

HARTECK: All die Wissenschaftler, die nichts davon verstanden, sprachen sich dagegen aus, und von denen, die nun wirklich was davon verstanden, sprach sich ein Drittel dagegen aus. Da 90 Prozent nichts davon verstanden, sprachen sich 90 Prozent dagegen aus. Wir wußten, daß die Sache im Prinzip zu machen war, aber auf der anderen Seite erkannten wir auch, daß es sich um eine furchtbar gefährliche Sache handelte.

BAGGE: Wenn die Deutschen 10 Milliarden Mark dafür aufgewendet hätten und die Sache wäre nicht gelungen, hätte man allen Physikern den Kopf abgeschlagen.

WIRTZ: Die Sache ist doch die, daß in Deutschland nur sehr wenige Leute daran glaubten. Und selbst diejenigen, die von der Machbarkeit überzeugt waren, haben nicht alle daran gearbeitet.

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WIRTZ: Korsching hatte wirklich recht, als er sagte, es habe in der Urangruppe keine sehr gute Zusammenarbeit gegeben, wie Gerlach behauptet hat. Gerlach hat eigentlich gegen uns gearbeitet. Er und Diebner haben die ganze Zeit gegen uns gearbeitet. Schließlich versuchten sie sogar, uns die Maschine wegzunehmen. Wenn ein deutsches Gericht die ganze Frage untersuchen sollte, warum es in Deutschland nicht geklappt hat, wäre das eine sehr, sehr gefährliche Sache. Wenn wir 1939 richtig angefangen und uns tüchtig ins Zeug gelegt hätten, wäre alles in Ordnung gewesen.

HARTECK: Dann wären wir alle vom britischen Geheimdienst umgebracht worden.

WIRTZ: Ich bin froh, daß es nicht so war, sonst wären wir alle tot.

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