Das Zweikammersystem halte ich auf die Bundesverhältnisse nicht für anwendbar. Die Maschinerie wird zu schwerfällig, da, abgesehen von der Masse der Landtage, eine Vertretung der Souveräne in den Reichsangelegenheiten unumgänglich ist, das Reich also mit dem Zweikammersystem notwendig drei per majora beschließende Körper und neben ihnen das Präsidium und Oberfeldherrntum mit unabhängigen Attributen haben würde. Eine weitere Ausbildung des Bundestages im Sinne eines Oberhauses kann sich vielleicht in Zukunft historisch entwickeln, damit müßte aber die schärfere Ausprägung des Kaisertums an Stelle der Präsidial- und Feldherrnattributionen Hand in Hand gehen.
Einzelne Attributionen der Exekutivgewalt, die bisher von der Bundesversammlung geübt wurden, müßten allerdings schon jetzt auf unsern König als Oberfeldherrn und Präsidialmacht übergehen. So, abgesehen von den rein militärischen Attributen, wie sie in den ursprünglichen Grundzügen bereits angedeutet, das Recht über Krieg und Frieden, Mobilmachung, Anstellung der gemeinsamen Beamten im Zoll-, Post-, Steuer-, Telegraphenwesen, immerhin mit Konkurrenz der Territorialregierungen in Gestalt eines Vorschlagsrechts, aber doch mit Vereidigung auf den Bund und Disziplin in der Hand des Präsidiums.
Quelle: I. „Überlegungen zur Gestaltung des Norddeutschen Bundes“, Putbus, 30. Oktober 1866. II. „Unmaßgebliche Ansichten über Bundesverfassung“, Putbus, 19. November 1866. Sowohl in Otto von Bismarck, Die gesammelten Werke, Hg. Gerhard Ritter und Rudolf Stadelmann, Friedrichsruher Ausg., 15 Bde., Bd. 6, No. 615, 616, Berlin, 1924-1935, S. 167-68, 168-70.
Abgedruckt in Otto von Bismarck, Werke in Auswahl. Jahrhundertausgabe zum 23. September 1862, Hg. Gustav Adolf Rein et al., 8 Bde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2001, Bd. 4, Die Reichsgründung, pt. 2, 1866-1871, Hg. Eberhard Scheler, S. 7-10, mit Ergänzungen aus den privaten Unterlagen von Robert von Keudell, veröffentlicht in Otto Becker, Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung, Hg. Alexander Scharff. Heidelberg: Quelle & Meyer, 1958, S. 241-42.