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Bericht der Auschwitzflüchtlinge Alfred Wetzler und Rudolf Vrba (Ende April 1944)

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Innerhalb des Gebietes des Lagers Auschwitz befinden sich diverse Fabriken. Eine Fabrik der deutschen Aufrüstungswerke (DAW), eine Fabrik der Fa. Krupp und eine der Siemens-Werke. Ferner etwas außerhalb des Lagerbereichs ein sich auf viele Kilometer ausbreitendes riesiges Bauobjekt "Buna" genannt. In diesen Betrieben arbeiten die Häftlinge.

Das Wohngebiet, also das Lager im engeren Sinne, liegt auf einen Territorium von einem etwaigen Ausmaße von 500 mal 300 m. Es ist mit einer doppelten Reihe von 3 m hohen Betonpfosten umgeben, die beiderseits (also von innen nach außen) durch dicht angelegte, auf Isolatoren befestigten Hochspannungsleitungen miteinander verbunden sind. Zwischen diesen beiden Zäunen, in einem Abstand von 150 m stehen 5 m hohe Wachtürme, die mit Maschinengewehren und Scheinwerfern ausgestattet sind. Etwas vor dem inneren Hochspannungszaun ist noch ein gewöhnlicher Drahtzaun. Schon die Berührung dieses Zaunes wird durch Schießen aus den Wachtürmen beantwortet. Dieses Bewachungssystem wird "kleine Postenkette" genannt.

Das Lager selbst besteht aus 3 Häuser-Reihen. Zwischen der ersten und zweiten Reihe führt die Lagerstrasse, zwischen der zweiten und dritten war in der ersten Zeit eine Mauer. In den Häusern der durch diese Mauer getrennten Reihe waren bis Mitte August 1942 jene jüdischen Mädchen aus der Slowakei untergebracht - 7000 an der Zahl - die in den Monaten März-April 42 deportiert wurden. Nach der Überführung dieser Mädchen nach Birkenau wurde die Mauer zwischen der Häuser-Reihe zwei und drei abgetragen. Quer durch die Häuser-Reihen führt der Einfahrtsweg. Über dem Eingangstor, das selbstverständlich immer bewacht wird, ist mit großen Buchstaben die ironische Aufschrift "Arbeit macht frei" angebracht.

Das ganze Lager ist in einem Umkreis von etwa 2000 m in einem Abstand von 150 m wieder mit Wachtürmen umgeben, d.i. die "große Postenkette". Im Raume zwischen der kleinen und großen Postenkette befinden sich die Betriebe und sonstige Arbeitsstellen.

Die Türme der kleinen Postenkette sind nur bei Nacht besetzt, zugleich wird auch der elektrische Strom in die doppelte Umzäunung eingeschaltet. Bei Tag wird die Wachturm-Besatzung der kleinen Postenkette abgezogen und zur gleichen Zeit werden die Türme der großen Postenkette besetzt. Eine Flucht durch die Postenketten - es hat viele Versuche gegeben - ist fast ausgeschlossen. Die kleine Postenkette bei Nacht zu passieren, ist ganz und gar unmöglich, während die Türme der großen Postenkette so dicht beieinander stehen (nur 150 m, also ein pro Turm zu bewachender Umkreis von einem Radius von 75 m) , dass ein unbemerktes Herannahen unmöglich ist. Bei Herannahen wird ohne Aufforderung geschossen. Der Abzug der Bewachungsmannschaft der großen Postenkette nach der Abenddämmerung erfolgt erst nach dem innerhalb der kleinen Postenkette abgehaltenen Appell, wo festgestellt wird, dass sich alle Häftlinge im Kreise der kleinen Postenkette befinden. Wird beim Appell festgestellt, dass ein Häftling fehlt, wird durch Sirenen Alarm geblasen.

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