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Friedrich Eichhorn an Graf von Arnim (7. Juni 1844)

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Ist erst den Bestrebungen der Partei Einhalt getan, welche alles Bestehende keck angreift, um ihren Theorien Eingang zu verschaffen, so werden sich auch die Parteien, welche für ihre besonderen, politischen oder kirchlichen, Zwecke und Pläne im trüben wirken und für den Staat vielleicht noch gefährlicher sind als jene leichtfertigen und auf nichts gestellten Literaten, zu einer größeren Vorsicht genötigt sehen. Ich traue es Bercht zu, daß er diese Parteien und ihre Wege nicht allein durchschaut, sondern auch Feinheit genug besitzt, um ihnen Warnungen zuzuwinken, vor welchen sie mit Scheu zurückweichen müßten.

Wenn E. E. mit dieser Ansicht einverstanden sind, so werde ich nicht ermangeln, Bercht die erforderlichen Andeutungen zu machen. Derselbe wird aber den Erwartungen nur dann entsprechen können, wenn er mit dem erforderlichen Material ausgerüstet wird. Dazu bedarf es eines bestimmten Weges, auf welchem ihm dasselbe nach einem stillschweigenden Einverständnisse regelmäßig zufließt. Der in meinem Ministerium angestellte Geheime Regierungsrat Eilers steht seit vielen Jahren mit Bercht in einem vertrauten Verhältnisse und hat überdem durch einen zwanzigjährigen Aufenthalt in der Rheinprovinz Gelegenheit gehabt, die dortigen Zustände in den verschiedenen Sphären des Lebens genauer kennen zu lernen. Ich halte ihn daher für vorzüglich geeignet, von hier aus die Hauptkorrespondenz mit Bercht zu führen, und bin gern bereit, ihn damit zu beauftragen, sofern ihm nur nicht die Ausarbeitung von Artikeln zugemutet wird. Da die zu E. E. Ressort gehörigen Angelegenheiten einen besonders wichtigen Teil des Inhalts der neuen Zeitung bilden werden, so stelle ich ganz ergebenst anheim, die Einrichtung treffen zu wollen, daß Eilers diejenigen Materialien regelmäßig zugestellt werden, welche Sie in der oben angedeuteten Weise behandelt zu sehen wünschen. Es wird dabei weniger auf ausführliche Artikel, als auf schlagende Berichtigung sowohl der Ansichten als der tatsächlichen Verhältnisse ankommen. Von seiten Eilers' wird nur dafür möglichst gesorgt werden, daß alles vermieden würde, was die hergebrachten Lebensansichten und Empfindungen der Rheinländer verletzen könnte, was um so mehr zu wünschen ist, als gerade solche Verletzungen der Parteien die erfolgreichsten Gelegenheiten geboten haben, das Volk mit Vorurteilen gegen die Regierung zu erfüllen.



Quelle: GStA PK, I. HA Rep. 77 Ministerium des Innern, Tit. 2, Spec., Lit. R, Nr. 57: Errichtung einer neuen politischen Zeitung in der Rheinprovinz, 1844 bis 1848, Bl. 26r-28v (Kultusminister Eichhorn an den Minister des Innern Graf v. Arnim, Berlin, den 07. Juni 1844)

Wiedergabe auf dieser Website mit freundlicher Genehmigung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz.

Abgedruckt in Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830-1850, gesammelt und herausgegeben von Joseph Hansen, Bd. I, 1830-1845. Publikationen der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde XXXVI Bd. 1, 1919; S. 655-57.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde.

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