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Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden (15. Juli 1907)

Denkmal- und Naturschutz entwickelten sich im Wilhelminischen Deutschland zu starken Strömungen, die in enger Verbindung standen. In diese Zeit fiel auch die Gründung einiger Gruppen und Vereine, die sich speziell dem Naturschutz widmeten, besonders in Gebieten, die häufig von Touristen und Wanderern besucht wurden. Das preußische „Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden“ bezeugt den Einfluss des Bürgertums auf politische Entscheidungen hinsichtlich des Schutzes von Umwelt und lokaler Architektur.

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Wir Wilhelm von Gottes Gnaden König von Preußen etc., verordnen, mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt:

§ 1. Die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von Bauten und baulichen Änderungen ist zu versagen, wenn dadurch Straßen oder Plätze der Ortschaft oder das Ortsbild gröblich verunstaltet werden würden.

§ 2. Durch Ortsstatut kann für bestimmte Straßen und Plätze von geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung vorgeschrieben werden, daß die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von Bauten und baulichen Änderungen zu versagen ist, wenn dadurch die Eigenart des Orts- oder Straßenbildes beeinträchtigt werden würde. Ferner kann durch Ortsstatut vorgeschrieben werden, daß die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung baulicher Änderungen an einzelnen Bauwerken von geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung und zur Ausführung von Bauten und baulichen Änderungen in der Umgebung solcher Bauwerke zu versagen ist, wenn ihre Eigenart oder der Eindruck, den sie hervorrufen, durch die Bauausführung beeinträchtigt werden würde.

Wenn die Bauausführung nach dem Bauentwurfe dem Gepräge der Umgebung der Baustelle im wesentlichen entsprechen würde und die Kosten der trotzdem auf Grund des Ortsstatuts geforderten Änderungen in keinem angemessenen Verhältnisse zu den dem Bauherrn zur Last fallenden Kosten der Bauausführung stehen würden, so ist von der Anwendung des Ortsstatuts abzusehen.

§ 3. Durch Ortsstatut kann vorgeschrieben werden, daß die Anbringung von Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und Abbildungen der Genehmigung der Baupolizeibehörde bedarf. Die Genehmigung ist unter den gleichen Voraussetzungen zu versagen, unter denen nach den §§ 1 und 2 die Genehmigung zu Bauausführungen zu versagen ist.

§ 4. Durch Ortsstatut können für die Bebauung bestimmter Flächen wie Landhausviertel, Badeorte, Prachtstraßen, besondere, über das sonst baupolizeilich zulässige Maß hinausgehende Anforderungen gestellt werden.

§ 5. Der Beschlußfassung über das Ortsstatut hat in den Fällen der §§ 2 und 4 eine Anhörung Sachverständiger vorauszugehen.

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