GHDI logo


Paul Boldt, „Auf der Terrasse des Café Josty” (1912)

Dieses Gedicht bezeugt den Wunsch der Lyriker, das pulsierende Leben der modernen Zeit einzufangen. Auf der Terrasse eines Berliner Cafés sitzend, lässt Paul Boldt (1881-1921) seine sinnlichen Eindrücke in die ästhetische Komposition seines Gedichts einfließen.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 1


Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentrakte: Trams auf Eisenschienen,
Automobile und den Menschenmüll.

Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink.
Stirne und Hände, von Gedanken blink,
Schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.

Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen – bunte Öle;

Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen. –
Auf spritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.



Quelle: Paul Boldt, „Auf der Terrasse des Café Josty”, Die Aktion, Jg. 2, 13. November 1912.

Abgedruckt in Jürgen Schutte und Peter Sprengel, Die Berliner Moderne 1885-1914. Stuttgart, 1987, S. 328-30.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite