GHDI logo


Theodor Herzl trifft Wilhelm II. in Jerusalem (1898)

Als Begründer der zionistischen Bewegung wollte Theodor Herzl (1860-1904) unter dem Eindruck des erstarkenden Antisemitismus der 1890er Jahre einen Nationalstaat für die europäischen Juden schaffen. Der österreichische Jude und Verfasser der Schrift Der Judenstaat legte den Grundstein für den israelischen Staat. Kaiser Wilhelm II., der expansionistische Vorstellungen von der deutschen Außenpolitik hegte, unterstützte Herzls Vorhaben im Nahen Osten, weil es seinen eigenen Plänen entgegen kam. Wilhelms gegen Großbritannien und Frankreich gerichtete Strategie erwies sich oft als unberechenbar, bewirkte häufig das Gegenteil als beabsichtigt und führte zu einer unbeständigen deutschen Unterstützung der Muslime und Juden im Nahen Osten.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 3


Um 1 Uhr 8 Minuten.

Wir sind schon wieder zurück von der Audienz.

Dieser kurze Empfang wird in der Geschichte der Juden für immerwährende Zeiten aufbewahrt werden, und es ist nicht unmöglich, daß er auch geschichtliche Folgen haben wird.

Aber wie schnurrig sind die Details des ganzen Vorganges.

Um ½12 Uhr waren wir mit unserem summarischen Mittagessen fertig. Ich hielt auf strenge Diät meiner Herren, damit sie mir ordentlich in Form seien.

Um 12 Uhr waren wir alle angekleidet. Bodenheimer hatte einen grotesken Zylinder und zu weite Manschetten, an denen die Unterärmel hervorrutschten. Im letzten Augenblick mußte man ihm andere Manschetten hervorsuchen.

Ich hatte meinen schäbigen Medschidje (zum erstenmal) angelegt.

Brom ließ ich nicht nehmen – wie Marcou Baruch in Basel sagte: je ne le voulais pas pour l'histoire.

Et j'avais raison!

Wir fuhren im brennenden Mittagssonnenschein und weißen Staube nach den Zelten. Ein paar Juden in den Straßen schauten auf, als wir vorüberfuhren. Enten im Sumpf, wenn oben die wilden Enten streichen.

Am Gitter der Zelte zögerten die türkischen Wachen, bevor sie Schnirer und mich einließen. Dann kam ein Unteroffizier, der uns passieren ließ.

Im abgeschlossenen Raum kam uns der Graf v. Kessel in der Kolonialuniform entgegen und wies nach einem Wartezelt. Da standen wir etwa zehn Minuten und besahen uns den kleinen Salon mit den bunten Teppichen und Möbeln.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite