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„Der Linksblock gescheitert" (8. Dezember 1924)


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Der Linksblock gescheitert. Das Volk fordert eine Regierung der bürgerlichen Volksparteien.

[…]

Fiasko des Reichsbanners.

Der hinter uns liegende Wahlkampf ist mit einer Heftigkeit geführt worden, die wir kaum jemals zuvor erlebt haben. Im Namen der „Volksgemeinschaft“ hatte die Linke eine Politik der Verhetzung und Volkszerklüftung getrieben, indem sie den Eintritt der Deutschnationalen in die Reichsregierung, auf den diese Partei nach dem Ergebnis der Maiwahlen und nach der Bedeutung der hinter ihr stehende Kräfte Anspruch hatte, mit allen Mitteln parlamentarisch [sic] Intrigen verhinderte. Das klar erkennbare Ziel der Linken war die Wiederherstellung der Wirth-Koalition, die ihrem Wesen nach nichts anderes als ein Werkzeug sozialistischer Klassenkampfpolitik war und es in Zukunft sein würde.

Die Linkswahlen, so hoffte man, würden von dem aus dunklen Geldquellen reichlich gespeisten Reichsbanner „gemacht“ werden. Diese sozialistisch-demokratische Schutzgarde der Wirth-Koalition, die sich damit brüstete, Gummiknüppel gegen die nationale Bewegung bereit zu haben, hat denn auch unter der Devise, „Der Feind steht rechts“ einen bisher unerhörten Wahlterror ausgeübt. Und doch hat die Reichsbannerpolitik eine glatte Niederlage erlitten. Bei dem Kampf zwischen schwarz-weiß-rot und schwarz-rot-gelb, der die hinter uns liegende Wahlschlacht beherrschte, haben die alten ruhmreichen deutschen Farben einen vollen Sieg davon getragen. Nun ist es endlich an der Zeit, daß das Reichsbanner, dessen einziger Erfolg nur gewesen ist, schwarz-rot-gold zu einer bloßen Parteifahne, zum Symbol der inneren Zwietracht und der Würdelosigkeit und Schwäche nach außen zu machen, aus dem politischen Leben unseres Volkes verschwindet. Der volkszerstörende innere Hader, dieses alte Erbteil deutschen Wesens, muß endlich aufhören. Wenn das deutsche Volk nur halb soviel der Energie, die es im inneren Kampf aufbringt, zur Wahrung seiner Rechte und seiner Würde nach außen aufwenden würde, so stände es besser um uns. Wieder droht das deutsche Volk in zwei Lager zu zerfallen, für die es nur ein hüben und drüben gilt. Wir haben erlebt, wie die brutale Klassenkampfpolitik zur Zeit der Wirth-Koalition nahe an den Bürgerkrieg geführt hat. Das darf sich nicht wiederholen. Wenn diese unselige Parteikonstellation auch endgültig der Vergangenheit angehört, so wäre es doch gleichfalls im höchsten Grade verderblich, den Deutschnationalen die positive Mitarbeit zu versagen, auf die sie nach diesen Wahlen ein noch größeres Anrecht haben, als nach dem 4. Mai.

Die Linke eröffnete den Wahlkampf mit großen Illusionen. Die winzigen Erfolge, die sie in Hamburg und in Anhalt unter besonderen, für das übrige Reich nicht maßgebenden Umständen davontrug, verführten sie zu einem vorzeitigen Triumphgeschrei, demgegenüber das tatsächliche Wahlergebnis von ihr nicht anders als eine peinliche Schlappe empfunden werden kann. Insbesondere wirken im Vergleich mit dem Lärm der demokratischen Presse, die so tat, als ob es in der Welt kaum noch etwas andere [sic] als Demokraten gäbe und vor ihren Trompetenstößen die Mauern Jerichos einstürzen müssten, die demokratischen Wahlziffern geradezu kläglich. Die Demokraten sind eine der unbedeutendsten Parteien des neuen Reichstags geblieben, sie können für die Regierungsbildung gänzlich ausschalten und unter der glorreichen Führung der Erkelenz, Koch, sich der Seelengemeinschaft mit den Sozialisten in der Opposition um so inniger freuen.

Der gesunde Instinkt des deutschen Volkes hat wiederum die Verlockungen einer Partei unbeachtet gelassen, die sich zwar demokratisch nennt, deren Politik aber ebenso gegen das Wesen des Liberalismus, wie gegen den Geist wahrer Demokratie verstoßen hat. Das zwingende Ergebnis der Wahlen vom 7. Dezember ist die von uns seit jeher geforderte Regierung der nationalen Volksparteien. Es ist eine dreiste Lüge, das, was man auch als Bürgerblock bezeichnet, als den Zusammenschluß der Besitzenden gegen die Besitzlosen zu bezeichnen. Die Besitzlosen sind in den Rechtsparteien mindestens ebenso stark vorhanden, wie die Besitzenden in den Reichsbannerparteien, und namentlich ist der größte Teil der Arbeiterschaft, wie eine einfache Wahlstatistik lehrt, nicht in den Parteien vertreten, die sich selbst als Arbeiterparteien bezeichnen, sondern in den bürgerlichen Parteien.

Die Sozialdemokratie hatte gehofft, den Besitzstand, den sie vor der Vereinigung mit den Unabhängigen hatte, als diese 70, die Sozialdemokraten 110, beide zusammen 180 Mandate besaßen, wieder zu erreichen. Gegenüber diesen Erwartungen ist der geringe prozentuelle Wahlerfolg der Sozialdemokratie gegenüber der schweren Niederlage vom 4. Mai nur eine Bestätigung dafür, daß der Niedergang dieser Partei unaufhaltsam ist, und wenn sie trotzdem ein Triumphgeschrei anstimmt, so beweist sie damit nur, wie bescheiden sie schon geworden ist.

Die Arbeiterschaft hat in ihrer Mehrheit eben begriffen, daß die Sozialdemokratie, die nach der Einigung mit den Unabhängigen gänzlich ins radikale klassenkämpferische Fahrwasser geglitten und deshalb in steigendem Maße ihre Intelligenz verloren hat, zur Führung des Staates gänzlich ungeeignet ist, doppelt ungeeignet in einer Zeit, in der wir nichts dringender brauchen, als eine Regierung mit dem Willen und der Fähigkeit zu nationaler Selbstbehauptung und zur Wahrung deutscher Ehre.

Das Volk hat gesprochen, und zwar mit einer Deutlichkeit, die nicht wieder überhört werden darf, soll nicht seine Empörung elementar gegen diejenigen hervorbrechen, die seinen Willen im Namen der Demokratie zynisch mißachten. B.R.





Quelle: „Der Linksblock gescheitert“, Deutsche Allgemeine Zeitung, 8. Dezember 1924. (http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/list/title/zdb/2807323X/)

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