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Bilanz der Großen Koalition (17. September 2009)

Der Autor analysiert die Arbeit der Großen Koalition im Rückblick. Er beschreibt ihre Reformen, lobt ihre Meisterung der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 und bezeichnet das Ende des Kulturkampfes auf dem Feld der Gesellschaftspolitik als eine ihrer größten Leistungen.

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So war’s!

Arbeitslosigkeit gesenkt, Krise bekämpft, Familien gestärkt: Die Bilanz der Großen Koalition kann sich sehen lassen.



Um die Bilanz der Großen Koalition anschaulich zu machen, genügt es, sich noch einmal an das Jahr 2005 zu erinnern. Damals rätselte das Land, ob es seine besten Jahre endgültig hinter sich habe, die Parteien inszenierten einen echten Schicksalswahlkampf, und der Bundespräsident betätigte sich als Botschafter des drohenden Untergangs. Es ist ein ziemlich fremdes Land, das da aus der Erinnerung aufsteigt. Vier Jahre später lassen sich die Deutschen nicht einmal vom beispiellosen Einbruch der Wirtschaft, von exorbitanten Staatsschulden oder der Aussicht auf Massenentlassungen in Panik versetzen.

Das mentale Krisenmanagement der Großen Koalition hat offenbar funktioniert. Das überrascht, weil ja die mentalen Voraussetzungen des Bündnisses selbst alles andere als Erfolg versprechend waren. Nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik hatte es eine Koalition gegeben, die dem Willen ihrer Akteure zuwiderlief. Selbst das erste Bündnis von Union und SPD 1966 wurde freiwillig geschlossen, weil sich der Wirtschaftswunderhimmel erstmals leicht einzutrüben begann. Ansonsten aber hatten sich Union und SPD immer als politische Hauptgegner betrachtet. An ihrem Streit strukturierten sich die politischen Konflikte der Republik, weniger deren Lösung. Nun also sollten sie sich plötzlich auf kreative Kooperation umpolen. [ . . . ]

Dass Große Koalitionen zur Lösung großer Probleme taugen könnten, war so ein Versuch, die gegenseitige Aversion in Verantwortungsethos aufzulösen. Solche Überhöhungen wurden umgehend dementiert, und doch hofften die Partner insgeheim, dass das Zwangsbündnis am Ende für die eine oder andere Überraschung gut sein würde. »Koalition der neuen Möglichkeiten«, noch bescheidener: »der kleinen Schritte«, nannte die frischgebackene Kanzlerin das antagonistische Gebilde, dem sie nun vorstand.

Recht problemlos ließe sich eine Geschichte der Großen Koalition als Geschichte ihrer Konflikte schreiben. Wie auf einer eigenen Tonspur läuft die ganze Wahlperiode über der Lärm der Streitereien und Unterstellungen mit. Gesundheit, Kündigungsschutz, Arbeitslosengeld, Antidiskriminierungsgesetz, Mindestlohn, Bundeswehreinsatz im Innern, Terrorbekämpfung – die Reihe der inhaltlichen Kämpfe, bei denen sich der sachliche Dissens mit langlebigen Vorbehalten vermengte, ist schier endlos. Es ist schon kurios, dass die Koalition nun, da sie auf die Wahl und ihr mögliches Ende zugeht, andauernd für Harmonie und mangelnde Auseinandersetzung gerügt wird. Noch verblüffender ist allerdings, wie eine oft zerstrittene Partnerschaft am Ende doch viel erreichen konnte.

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