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Die Rente mit 67 (10. März 2007)

Die Rentenreform war im vergangenen Jahrzehnt ein Dauerthema; eine Reform löste die andere ab. Die Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre war bis zuletzt umstritten, wobei vor allem die Gewerkschaften den Gesetzesbeschluss kritisierten. Das Thema Rente bleibt jedoch weiter auf der Tagesordnung.

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Bundestag: Arbeitsminister Franz Müntefering: „Wir müssen handeln“. Dritte Rentenreform in sechs Jahren

Parallel beschlossen SPD und Union auch ein Programm für Arbeitnehmer über 50 Jahre. Gewerkschaften setzen auf Proteste.



Für ihre Rente müssen die Deutschen in Zukunft länger arbeiten. Mit den Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag das Gesetz zur Rente mit 67 beschlossen. Sie wird schrittweise eingeführt. Es ist die dritte Reform binnen sechs Jahren. 2001 hatte der damalige Minister Walter Riester (SPD) die gesetzliche Rente um einen Anteil privater Vorsorge ergänzt. Im Jahr 2004 wurde die Rentenformel geändert, weil die Rentenkassen immer klammer wurden. Dieser Trend hält an.

Während es auf den Straßen erneut Proteste von Gewerkschaften gab, votierten auch elf SPD-Parlamentarier gegen die Pläne, vier enthielten sich. Die Union stimmte geschlossen dafür. Parallel zur Rente mit 67 beschloss der Bundestag die weitere Umsetzung der Initiative 50plus, um per Kombilohn und Weiterbildung die Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sagte zu den Ängsten vieler vor dem gestiegenen Rentenalter: „Wir müssen handeln.“ Müntefering machte es plastisch: Früher seien die Menschen im Durchschnitt mit 16 Jahren in den Beruf eingestiegen, hätten 48 Stunden die Woche gearbeitet und zehn Jahre lang Rente bezogen. Heute liege der Berufsstart im Durchschnitt bei 21, gearbeitet würden maximal 40 Stunden und die Rente laufe 17 Jahre. 1960 kamen acht Arbeitnehmer auf einen Rentner, heute sind es 3,2 Arbeitnehmer, im Jahr 2030 nur noch zwei.

Der FDP-Rentenexperte Heinrich Kolb machte „massive verfassungs- und europarechtliche Bedenken“ gegen das Gesetz geltend. Die Grünen-Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk hat Bedenken gegen die Ausnahme, dass auch künftig mit 65 in Rente gehen kann, wer 45 Beitragsjahre vorweist.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte die Ausnahmeregelung ebenfalls, würdigte die Reform zugleich aber als „wesentlichen Schritt“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund nannte die Bundestagsentscheidung „bedauerlich“. Die Debatte um die Rente mit 67 sei damit aber nicht beendet, erklärte DGB-Sozialexpertin Annelie Buntenbach. Eine Vielzahl der Abgeordneten hätten sich „nur knurrend dem Fraktionszwang gebeugt“. Buntenbach verwies auf die im Gesetz enthaltene Möglichkeit, den Beschluss im Jahr 2010 anhand der tatsächlichen Arbeitsmarktlage zu überprüfen. Ohne einen Arbeitsmarkt, der auch Möglichkeiten für Ältere enthält, würde die Rente mit 67 nur längere Armut im Alter mit sich bringen, erklärte Ver.di-Bundesvorstand Christian Zahn.

„Die Rente mit 67 trägt zwar der demografischen Entwicklung ein Stück weit Rechnung, kann aber das strukturelle Defizit der Rentenversicherung nicht beseitigen“, erklärte der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven. Die Arbeitnehmer kämen zu spät ins Erwerbsleben und hörten zu früh auf zu arbeiten.

Sozialverbands-Präsident Adolf Bauer sagte: „Solange viele ältere Beschäftigte gar nicht die Chance haben, bis zum Alter von 67 Jahren zu arbeiten, darf die Rente mit 67 nicht eingeführt werden.“



Quelle: „Dritte Rentenreform in sechs Jahren“, Hamburger Abendblatt, 10. März 2007.

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