GHDI logo


Die Anfänge der Parlamentsarbeit (17./24. Januar 1997)

Die 1. Legislaturperiode des Brandenburger Landtags stellte die neu gewählten Abgeordneten vor große Aufgaben: eine Fülle von Gesetzen und eine neue Verfassung mussten verabschiedet werden und das strittige Thema der Stasi-Vergangenheit von Regierung und Landtagsmitgliedern machte die Arbeit oft schwierig. Die strikte Parteidisziplin der westdeutschen Parlamentsarbeit hatte sich noch nicht durchgesetzt.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 2


Zu Beginn Gesetze am laufenden Band


Der Landtag von Brandenburg ist inzwischen den Kinderschuhen entwachsen. Anfängliche Euphorien, Aufgeregtheiten und auch Unzulänglichkeiten sind im Laufe der Zeit Gelassenheit und professioneller Routine gewichen. In den 19 Ausschüssen wird perfekte Arbeit geleistet, und bei den Redeschlachten im Plenarsaal haben die Akteure längst Westniveau erreicht.

Nach den Wahlen vom Oktober 1990 zogen 88 Abgeordnete in das Parlament ein. Stärkste Fraktion mit 36 Abgeordneten wurde die SPD. Die CDU-Fraktion brachte es auf 27 Abgeordnete, während die PDS 13 Sitze erhielt. Hinzu kamen damals die beiden kleineren Parteien F.D.P. und das in der Wendezeit aus Bürgerrechtlern entstandene Bündnis 90 mit jeweils sechs Parlamentariern. Während von den zehn Ministern der Landesregierung immerhin fünf aus dem Westen „importiert“ wurden, kamen alle Abgeordneten des Landtages aus Brandenburg.


Gründerjahre

In den Gründerjahren mußte erst einmal in harter Arbeit das für die parlamentarische Demokratie im jungen Bundesland Brandenburg unentbehrliche Räderwerk geschaffen werden: Die notwendigen Gesetze wurden buchstäblich am laufenden Band erarbeitet, debattiert und beschlossen. Heute geht es dagegen vor allem um deren Novellierung, um sie an die Gegebenheiten im Land anzupassen. Verabschiedet wurden in der ersten Legislaturperiode von 1990 bis 1994 immerhin 207 Gesetze, die zumeist altes DDR-Recht ablösten. Immerhin seien das gut 50 Gesetze pro Jahr gewesen, erinnert sich Parlamentspräsident Herbert Knoblich (SPD), der nach sechs Amtsjahren inzwischen auch als „alter Hase“ gilt. „Das war eine ungeheure Leistung und Belastung zugleich“, sagt er. Knoblich: „Es war damals unsere Pflicht, bei uns die politischen Strukturen der alten Bundesrepublik zu schaffen.“

Knoblich spricht vom „Geist der runden Tische“, der damals im Parlament herrschte. Eine ungeheure Dynamik habe die Entwicklung nach dem Fall der Mauer im Osten bestimmt und ihren Niederschlag auch in den Beschlüssen des Landtages gefunden. Die seien manchmal allerdings noch recht merkwürdig formuliert gewesen, da es am Anfang an Erfahrungen fehlte. Auch die Fraktionsgrenzen waren damals längst noch nicht so festgezurrt wie heute. Bei Abstimmungen wurde quer durch alle Parteien mit Ja oder Nein votiert. „Der Satz in der brandenburgischen Landesverfassung vom Abgeordneten, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, mag zwar für westliche Ohren recht formal klingen, doch im Osten war er eine echte Alternative zur überwundenen DDR-Diktatur“, betont Knoblich. Inzwischen habe sich zwar die anfängliche Farbigkeit wesentlich reduziert, doch geblieben sei die große Nähe der Abgeordneten zum Bürger und zu ihrer Region. Keine der Fraktionen richte sich ausschließlich nach den Vorgaben aus Bonn. Die Politik werde voll auf die Probleme im Osten zugeschnitten, auch wenn das den Vorgaben der eigenen Partei widerspreche.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite