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Aufbau Ost in der Kritik (28. Juni 2004)

Vor dem Hintergrund einer intensiven Diskussion um die wirtschaftliche Zukunft der neuen Bundesländer empfiehlt der Gesprächskreis Ost eine Kurskorrektur. Finanzielle Mittel sollen nicht länger vorrangig zum Aufbau von Infrastruktur, sondern zur Förderung von Wirtschaftsbetrieben, Forschung und von Wirtschaftskernen verwendet werden. Der Aufbau Ost sei Teil einer Reformpolitik für ganz Deutschland. Die dreizehn Mitglieder des Gesprächskreises Ost kamen aus den Bereichen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und wurden von der Bundesregierung beauftragt, die Förderpolitik beim Aufbau Ost zu analysieren.

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Kurskorrektur des Aufbau Ost

Zusammenfassung in Thesen


(1) Seit der Wiedervereinigung sind große Fortschritte im Aufbau der Neuen Länder erzielt worden. Harte Arbeit und hohe finanzielle Transferleistungen der westdeutschen Bundesländer für den Aufbau Ost haben das ermöglicht. Der erheblich gestiegene materielle Lebensstandard im Osten, die weitgehend ausgebaute, bzw. neu gebaute, Infrastruktur, das äußere Bild der Städte und Dörfer zeigen, was geleistet wurde.

(2) Gleichzeitig vollzog sich in den Jahren nach der Wende eine extreme Deindustrialisierung mit der ein Zusammenbruch der industrienahen Forschung einher ging. Und trotz umfassender Förderung konnte eine selbsttragende Wirtschaftsentwicklung in den neuen Bundesländern nicht erreicht werden. Die durchschnittliche, katastrophal hohe Arbeitslosigkeit und die nun schon mehrere Jahre stagnierende Wertschöpfung bei nur etwa 60% der Wertschöpfung des Westens, sowie die ständig fortschreitende Abwanderung gerade von besonders leistungsfähigen Menschen, belegen dies besonders eindringlich. Eine Angleichung der Wertschöpfung im Osten auf im Schnitt 90% des Westens bis 2020 würde im Osten ein dann überdurchschnittliches Wachstum von real 4–5% bedeuten: Ein unwahrscheinliches „Wirtschaftswunder“, das die Schwere, aber auch die Herausforderung im Aufbau Ost zeigt.

(3) Ein stagnierender Osten mit hohem Transferbedarf ist eine große Gefahr für die Zukunftsentwicklung von ganz Deutschland. Auf dem bisherigen Weg ist das Ziel einer selbsttragenden Wirtschaft im Osten offenbar nicht zu erreichen. Der Aufbau Ost muss deswegen nachdrücklich im Zentrum des politischen Handelns stehen. Eine Kurskorrektur beim Aufbau Ost ist erforderlich.

(4) Die Bundesregierung stellt den weiteren Ausbau der Infrastruktur in den Mittelpunkt ihrer Aufbaustrategie-Ost. Im Zentrum der Strategie Aufbau Ost müssten jedoch das verarbeitende Gewerbe, insbesondere die Industrie, eine sie begleitende, umfassende Forschungslandschaft und eine dementsprechende Ausbildung stehen. Denn diese sind das unerlässliche Fundament für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung. Die Infrastruktur dagegen ist im Osten bereits weitgehend wettbewerbsfähig. Für den Aufbau wettbewerbsfähiger Unternehmen ist sie nur noch sehr bedingt ergänzungsbedürftig.

Die Kurskorrektur muss deshalb erfolgen durch

– eine Schwerpunktverlagerung von der Infrastruktur zum Aufbau von Wirtschaftsunternehmen und der sie begleitenden, stützenden Forschungslandschaft;
– einen Übergang von der Flächenförderung zur entschlosseneren Konzentration auf Wachstumskerne;
– den Übergang von Anschubhilfen zu mehr längerfristig ertragsstützenden Maßnahmen, sowohl für Neuansiedlungen, als auch für die existierenden (in der Regel zu kleinen, zu finanzschwachen, im Markt noch nicht ausreichend verankerten) Unternehmen.

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