NOTIZ ZU DEN ELIOT-TROTT-GESPRÄCHEN
GENF, DEZEMBER 1941
Mr. Eliot vom National Council of Student Christian Association [sic] traf Adam von Trott zu Solz zwischen dem 18. und 20. Dezember in Genf – zu einem Zeitpunkt wohlgemerkt, an dem er sich angeblich in Südamerika aufhielt – und führte insgesamt ein etwa zehnstündiges Gespräch mit ihm. Trott begann mit der Beschreibung seiner eigenen Einstellung. Er habe sich, sagte er, wohlüberlegt gegen das Exil entschieden und war vielmehr nach seinem Amerika-Besuch im Winter 1939 nach Deutschland zurückgekehrt, weil er glaubte, im Inneren des Reichs nützlichere Arbeit als außerhalb leisten zu können. Er selbst sei immer gegen die Nazis eingestellt gewesen, stelle aber nun fest, dass es in allen Bevölkerungsschichten eine wachsende Zahl von Menschen gebe, die ihn jetzt sozusagen einholten.
Diese Widerstandsbewegung sei zwar unorganisiert, werde aber von einem unwiderstehlichen aus zwei Motiven gespeisten Gefühlsimpuls getragen.
1. Die wachsende Erkenntnis der Misere, in welche die Menschen durch ihre frühere Tolerierung des Nationalsozialismus geraten seien.
2. Eine tief sitzende Angst vor dem Bolschewismus außerhalb und dem Kommunismus innerhalb des Landes.
Die Bewegung existiere in allen Bevölkerungsgruppen, insbesondere aber in Kreisen der Kirche, der Arbeiterbewegung und der Wehrmacht. Kirchenleute hätten sich wesentlich kritischer zum Regime geäußert (z.B. Graf Galens Predigten sowie die Vorsprache von Kardinal Faulhaber und des Lutheranischen Bischofs von Stuttgart in der Reichskanzlei im Dezember, um gegen die Plünderungen der Gestapo zu protestieren). In Vorbereitung auf den Sturz der Nazis und den künftigen Frieden werde zugleich eine Philosophie der Ordnung und des Verantwortungsbewusstseins gepredigt.
Die Arbeiterbewegung erkenne zunehmend, dass man sich vom Nationalsozialismus in die Irre habe leiten lassen, und suche Beistand bei der Kirche, nicht so sehr in religiösen Fragen als aus Bewunderung für die von manchen ihrer Führer eingenommenen Haltung heraus. Wenn eine Person nazifeindliche Ansichten vertritt, werde angeblich in Kreisen der Arbeiterbewegung häufig die Frage gestellt: „Ist er ein Mitglied der ‚Bekennenden Kirche’?“
Trotzdem sei es eher die Wehrmacht, betonte Trott, an die sich die Bewegung bei der Suche nach echter Führung wende. Trott wollte keine Namen nennen, deutete aber an, dass es sowohl im Feld als auch im Generalstab gewisse Generäle und höhere Wehrmachtsangehörige gebe, auf die man sich gegebenenfalls verlassen könne. Er nannte auch einige Beispiele für Unzufriedenheit in der Armee als ganzer (z.B. den Mölders-Vorfall und die Weigerung mancher Kommandos an der Ostfront, Befehle von großer Grausamkeit gegen russische Kriegsgefangene auszuführen). Zunehmend habe man das Gefühl, dass die Wehrmacht in der Partei ein Frankensteinmonster geschaffen habe, das ihr über den Kopf gewachsen und nun durch eigene grobe Fehler dabei sei, sich selbst und die Wehrmacht vollends in die Katastrophe zu stürzen. Insbesondere das Bündnis mit Japan werde, so Trott, in der Wehrmacht als unnatürlich angesehen und abgelehnt. Wie in den Reihen der Arbeiterbewegung gebe es eine wachsende Hochachtung für die Kirche und die christlichen Grundwerte. Vervielfältigte Kopien von Robert Patons „The Church and the Post-War World“ waren in Norwegen an die deutschen Truppen verteilt worden. (Es hieß übrigens, dieses Buch hätte in Deutschland verbotenerweise eine weite Verbreitung gehabt, insbesondere in den Reihen der Wehrmacht.)