Berlin, 30. Januar 1943 Der Reichsführer-SS bei der Amtseinführung von SS-Gruppenführer Dr. Kaltenbrunner
Meine SS-Führer! Kamerad Kaltenbrunner! Ich habe Sie, die engsten Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamtes, die Sie die verantwortlichen oberen Stellen innehaben, heute in dieses Zimmer befohlen und bestellt, genauso wie ich im Juni des vergangenen Jahres 1942, als Ihr Kommandeur gefallen war, die Amtschefs in diesem Zimmer versammelt und hier die erste Besprechung abgehalten hatte, in dem vollen und klaren Bewusstsein, so wie der Schöpfer des Reichssicherheitshauptamtes, des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei, der Obergruppenführer Heydrich als eines der letzten Lebenswerke sich dieses geschmackvolle und schöne Zimmer geschaffen hat, das für ihn und seine Art gesprochen hat und das immer für die Art dieses arischen Sicherheitsdienstes der germanischen Nation sprechen möge, so haben der ganze Sicherheitsdienst und die ganze Sicherheitspolizei seinen Stempel getragen, waren sie seines Wesens, von seiner Art.
Zehn Jahre sind wir nun nationalsozialistischer Staat. In einer Stunde oder in zwei Stunden sind es 10 Jahre her, dass wir durch das Brandenburger Tor marschiert sind. Ich glaube, Heydrich ist damals auch mitmarschiert. Lassen Sie mich noch einmal einen Rückblick tun, damit wir dann einen Blick in die Zukunft wenden können.
Im Jahre 1930 war es für die Partei notwendig, einen Nachrichtendienst zu bilden, um über den kommunistischen, jüdischen, freimaurerischen und reaktionären Gegner ins Bild zu kommen. Ich holte mir, empfohlen durch den damaligen Gruppenführer von Eberstein, den Oberleutnant zur See a. D. Reinhardt Heydrich. Dieses Holen beruhte eigentlich auf einem Irrtum. Dies ist etwas, was die wenigsten wissen. Es hiess, Heydrich wäre Nachrichtenoffizier. Ich habe mich damals im Jahre 1930 gar nicht viel darum gekümmert, ich dachte, ein Nachrichtenoffizier ist ein Mann, der Nachrichten holt. Heydrich war Nachrichtenoffizier im Sinne des Nachrichtenmitteloffiziers, er war Funkoffizier, der Nachrichtenmittel als sein Handwerk bedient. Er besuchte mich damals in einem kleinen Häuschen in Waldtrudering und erklärte mir: „Ja, Reichsführer, ich bin gar nicht der, den Sie suchen; ich bin Funkoffizier gewesen." Ich habe ihn mir angeguckt: gross und blond mit anständigen, scharfen und gutmütigen Augen. Ich sagte ihm: „Passen Sie auf, das macht nichts, das stört mich gar nicht; setzen Sie sich in das Zimmer hin, ich komme in einer Viertelstunde wieder, schreiben Sie auf, wie Sie sich einen Nachrichtendienst der NSDAP vorstellen." In dieser Viertelstunde schrieb er auf, wie er sich das vorstellte. Ich sagte: „Ja, ich bin einverstanden; gut, ich nehme Sie." Dann wurde das Gehalt für diesen Leiter des Sicherheitsdienstes, wie wir ihn hiessen, bestimmt. Die 4. Standarte in Schleswig-Holstein verpflichtete sich, monatlich 80 RM zu zahlen; das war der eine Teil. Aus dem übrigen Etat nahm ich, glaube ich, noch einmal 40 RM. In der ersten Zeit bekam er noch etwas von der Marine. Ich sagte mir, in der nächsten Zeit wirst du ihm schon weiterhelfen können, jedenfalls wagen wir es einmal. Mit den 120 zusammengepumpten Mark fing der Untersturmführer Heydrich an, nachdem er vorher in Hamburg in die Schutzstaffel eingetreten war, mit den Hamburger Jungens, die erwerbslos waren, im Hafen herumgelungert war, brav seinen Dienst gemacht und sich als früherer Oberleutnant prima eingelebt hatte.