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Ein Feilenhauer erinnert sich an seine vaterlose Kindheit (1879-1909)

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Arbeit gab es wieder, nun wurde aber auch von früh bis spät gearbeitet. Ich und mein Stiefbruder wurden auch zur Gewerblichen Arbeit herangezogen, Morgens vor der Schule mußten wir Feilen kippen, Mittags u. Abends, Sonntags Kegel aufsetzen um aus der bedrückten Lage mal wieder heraus zu kommen. Aus der Schule entlassen, kam ich auch in die Haustube. Feilenhauer war zu dieser Zeit meist Heimarbeit, von Morgens 6 Uhr bis Abends 9 Uhr wurde gearbeitet. Sonntags beschäftigte ich mich mit Kegel u. Kartenspiel. Mein Stiefbruder dagegen, beschäftigte sich hauptsächlich mit Lesen. Er bekam die Elberfelder Freie Presse, er holte sich Bücher aus der Bibliothek, des Sozialdemokratischen Volks-Vereins Wermelskirchen und nun erzählte er mir fortwährend was er gelesen hatte, dieses trieb mich auch bald von meinem Spiel ab, ich kam mehr ans Nachdenken und führte mich bald zur Organisation, in den Feilenhauer-Verein, Lokalgewerkschaft, später zur Partei, u. in den Deutschen Metallarbeiter Verband.



Quelle: Alwin Hussels in Adolf Levenstein, Hg., Proletariers Jugendjahre. Berlin, 1909, S. 53-54.

Abgedruckt in Klaus Saul, Jens Flemming, Dirk Stegmann und Peter-Christian Witt, Hg., Arbeiterfamilien im Kaiserreich. Materialien zur Sozialgeschichte in Deutschland 1871-1914. Düsseldorf: Droste, 1982, S. 38-40.

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