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Alfred Krupp, eine Ansprache an seine Angestellten (11. Februar 1877)

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Genießet, was Euch beschieden ist. Nach getaner Arbeit verbleibt im Kreise der Eurigen, bei den Eltern, bei der Frau und den Kindern und sinnt über Haushalt und Erziehung. Das sei Eure Politik, dabei werdet Ihr frohe Stunden erleben. Aber für die große Landespolitik erspart Euch die Aufregung. Höhere Politik treiben erfordert mehr freie Zeit und Einblick in die Verhältnisse, als dem Arbeiter verliehen ist. Ihr tut Eure Schuldigkeit, wenn Ihr durch Vertrauenspersonen empfohlene Leute erwählt.

Ihr erreicht aber sicher nichts als Schaden, wenn Ihr eingreifen wollt in das Ruder der gesetzlichen Ordnung. Das Politisieren in der Kneipe ist nebenbei sehr teuer, dafür kann man im Hause Besseres haben. [ . . . ]

Mit dem Laufe der Zeit von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wird alles besser und wer zurückblickt in die Vergangenheit, kann sich der Überzeugung nicht verschließen, daß große Fortschritte gemacht worden sind zum Besten aller und so auch der arbeitenden Klassen. Vor fünfzig Jahren lebte kein Arbeiter so gut in Nahrung, Wohnung und Kleidung als heute. Keiner wird tauschen wollen mit dem Lose seiner Eltern und Vorfahren.

Was ich nun hiermit ausgesprochen habe, möge jedem zur Aufklärung dienen über die Verhältnisse und deutlich machen, was er zu erwarten hat von Handlungen und Bestrebungen im Dienste des Sozialismus. Man erwärmt keine Schlange an seiner Brust und wer nicht von Herzen ergeben mit uns geht, wer unsern Ordnungen widerstrebt, der beeile sich auf anderen Boden zu kommen, denn seines Bleibens ist hier nicht. Es wird eine Bestimmung meines letzten Willens sein, daß stets mit Wohlwollen und Gerechtigkeit das Regiment geführt werden soll, aber äußerste Strenge soll gehandhabt werden gegen solche, die den Frieden stören wollen, und wenn bis jetzt mit großer Milde verfahren wurde, so möge das niemanden verleiten.

Ich schließe mit den besten Wünschen für alle.


Quelle: Alfred Krupp, eine Ansprache an seine Angestellten (11. Februar 1877), in Wilhelm Berdow, Hg., Alfred Krupps Briefe 1826-1887. Im Auftrage der Familie und der Firma Krupp. Berlin, 1928, S. 343-48.

Abgedruckt in Ernst Schraepler, Hg., Quellen zur Geschichte der sozialen Frage in Deutschland. 1871 bis zur Gegenwart, 3. verbesserte Aufl. Göttingen und Zürich: Muster-Schmidt, 1996, S. 99-103.

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