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Friedrich Bülaus Ruf nach einer marktorientierten Lösung des Armutsproblems in Deutschland (1834)

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Es ist oben erwähnt worden, daß der Landbau fast noch in keinem europäischen Staate auf der Höhe steht, zu der sich emporzuschwingen er von der Natur bestimmt ist. Dieselben Verhältnisse aber, die größtenteils die Schuld dieses Übels tragen, bewirken zugleich, daß ein großer Teil der auch jetzt aus dem Landbaue erwachsenden Vorteile nicht der zahlreichen und achtbaren Klasse der eigentlichen Landbauer zugute geht und nicht auf produktive Unternehmungen verwendet wird. Alle die Verhältnisse, welche die Geschlossenheit der Güter bewirken, den Boden dem freien Verkehre entrücken, sowie die Grundlasten, die mit bleiernem Gewichte auf ihm ruhen, alles was in das Verhältnis des Menschen zum Grund und Boden andre Rücksichten bringt als die seiner bestmöglichen Benutzung, alles was diese selbst zurückhält, trägt auch dazu bei, daß weder der Landbau so viele Vorteile bringt als er könnte, noch an seinen Vorteilen so viele Anteil nehmen, als darauf Anspruch zu machen berechtigt sind. Der gefesselte Zustand des Landbaues hat einen großen Teil der Bevölkerung den Gewerben zugedrängt, der in dem Landbau, wenn dieser frei von Lasten und Beschränkungen gewesen wäre, einen sichreren Lebensberuf gefunden haben würde. Nicht in den landbautreibenden Dörfern, sondern in den Fabrikorten, den Städten und deren Umgebungen treten die traurigen Erscheinungen der Nahrungslosigkeit am sichtlichsten hervor.

Wie aber in den Gewerben selbst oder vielmehr in den ihren Betrieb betreffenden Einrichtungen der Ursachen nur allzu viele liegen, die es bewirken, daß die aus ihnen erwachsenden Vorteile weder so hoch sind, noch in so weiter Ausdehnung sich verteilen, als es bei besserer Anordnung möglich wäre, darüber wird auf den folgenden Seiten dieser Schrift noch manches gehandelt werden. Wenn man darüber klagt, daß so viele Kräfte keinen Lohn finden, so sollte man nicht damit anfangen, die Entfernung dieser Kräfte zu betreiben — geschweige denn gar diese Kräfte zu fesseln —, sondern man sollte erst untersuchen, ob sich ihnen nicht ein lohnenderer Wirkungskreis eröffnen ließe. Und das letztere muß man so lange annehmen, als noch Einrichtungen vorhanden sind, die viele Glieder des Volks verhindern, ihre Kräfte anzuwenden, wie und wo sie am leichtesten es vermögen. Der Schluß dieser Blätter wird zugleich zeigen, wie unsre Armenpflege, deren Zusammenhang mit den vorhergehenden Materien er nachweisen wird, noch weit davon entfernt ist, auf richtigem Wege ihrem Hauptziele nachzustreben: nämlich sich selbst überflüssig zu machen. Es wird erkannt werden, daß in einer übel geleiteten Wohltätigkeit der edelste, aber nicht der unschädlichste Fehler der Zeit besteht.

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