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L. von Rohden: Auszüge aus Geschichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft (1857)

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Es trat zunächst nach 1817 eine Zeit ein, wo die neu eingetretenen jungen Kräfte erst sich üben sollten. An vielen Orten erhoben sich neue Missionsvereine, und forderten den alten Elberfelder Verein zum Wetteifer auf. An Thatkraft und gutem Willen fehlte es ihm auch nicht, wenn ihm nur erst einmal ein wohl begrenztes, klar erkennbares Arbeitsfeld angewiesen würde. Da wurden mehrere Mitglieder in ganz besonderer Weise zu einer Wirksamkeit unter den Juden in ihrer nächsten Umgebung veranlaßt, und dies gab den Antrieb, daß der Verein, ohne die Heidenmission aus den Augen zu verlieren, sich für einige Zeit fast ausschließlich die Verbreitung des Evangeliums unter den Juden angelegen sein ließ. Nun ist aber die Judenmission bekanntlich eine höchst schwierige Aufgabe, reich an Täuschungen und bitteren Erfahrungen. Und noch dazu hatte sich unsere Gesellschaft den allermißlichsten Theil der Judenmission ausgesucht, nämlich die Proselytenpflege.

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Sehen wir uns die kurze Geschichte der Barmer Missions-Gesellschaft auch etwas näher an. Es hatte lange gedauert, ehe Barmen sich entschloß, sich ebenfalls an dem Missionswerk zu betheiligen. Als im Anfange des Jahrhunderts die Elberfelder Missions-Gesellschaft die Freunde in Barmen einmal zur Theilnahme eingeladen hatte, war ihnen eine zurückweisende Antwort gegeben worden. Es war eben alles noch unklar und im Werden. Aber als nach der Ueberwindung der fremden Unterdrücker ein neues Frühlingswehen durch die deutschen Gauen ging, als unter der milden und gerechten Herrschaft der Hohenzollerschen Könige alle Kräfte sich zu regen begannen, und ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlseins alles durchdrang, da huben auch in Barmen die verschüchterten Freunde des Reiches Gottes ihr Haupt empor. Ihren Mittelpunkt fanden die neuen Regungen an einem jungen eifrigen Prediger, dessen Andenken als des eigentlichen Stifters der Barmer und später auch der Rheinischen Missions-Gesellschaft unter uns und allen seinen zahlreichen Freunden in Segen bleiben wird. Es war der Pfarrer Leipoldt, anfangs Hülfsprediger in Wichlinghausen, nachher Pastor an der vereinigten Gemeinde Unterbarmen. Schon länger hatte derselbe daran gearbeitet, einen Verein von Bibel- und Missionsfreunden, ähnlich dem Elberfelder, zu Stande zu bringen; aber die Sache war den Gemeindegliedern noch zu fremd, und dazu war alles eben in einer gewissen religiösen Gährung, aus welcher sich ein neues frisches Gemeindeleben erst gestalten sollte. Da half ein Besuch des Pastor Blumhardt über die ersten Schwierigkeiten hinweg. Dieser, Inspector der neu gegründeten Missions-Gesellschaft zu Basel, suchte auch in hiesiger Gegend Hülfsvereine für Basel zu gründen. Er fand den Boden in Barmen jedoch noch so wenig vorbereitet, daß er anfangs nur mit der Bibelsache hervorzutreten wagte. Als er dann aber auf vertrauliches Befragen sich weitläufig über den Zweck der Baseler Gesellschaft und die Fortschritte der Heidenmission ausließ, wurde sofort eine neue Versammlung beschlossen, und am 8. September 1818 hielt Blumhardt vor einer ziemlich zahlreichen Versammlung einen Vortrag, welcher zündete. Mit dem jungen Leipoldt hatte er bereits vorher ganz Barmen durchlaufen, um die

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