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Auszüge aus dem Staats-Lexikon: „Geschlechterverhältnisse” (1845-1848)

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Und somit wird die Gesetzgebung auch den Frauen gerecht, wenn sie nur das Princip festhält, daß dieselben eine gleich heilige menschliche Würde und zuletzt eine gleiche gemeinschaftliche höchste menschliche Bestimmung, und eben deshalb auch gleiche gemeinschaftliche Rechte haben, so weit nur nicht etwa wegen der besonderen Kräfte und Aufgaben des weiblichen Geschlechts und zu ihrem und des Vaterlandes Wohle nach jener freien verfassungsmäßigen Gesellschaftsüberzeugung Beschränkungen dieser Gleichheit als vernünftig, als nothwendig und gerecht anerkannt wurden.

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XII. In Beziehung auf die politischen Rechte aber folgt aus den obigen Grundsätzen nur die Begünstigung der Frauen, daß sie von allem Kriegs- und allem öffentlichen Dienst befreit bleiben, und dagegen die Beschränkung, daß sie an den entscheidenden Abstimmungen über die öffentlichen Angelegenheiten und den dazu führenden Streitverhandlungen keinen unmittelbaren thätigen Antheil nehmen und keine öffentlichen Aemter verwalten können. Nur dieses wird im Allgemeinen zur Erhaltung ehelicher und Familienverhältnisse und der wahren Weiblichkeit und weiblichen Lebensbestimmung ausgeschlossen. Alles Uebrige kann das allgemeine Gesetz unbedenklich der Sitte, der erlaubten Leitung von Vätern und Ehemännern, dem freien Ermessen und dem Schicklichkeitsgefühle der Frauen, je nach ihren besonderen Verhältnissen, endlich der freien öffentlichen Meinung überlassen. Und es muß dieses thun, weil jede nicht absolut nothwendige allgemeine Beschränkung der rechtlichen Gleichheit ungerecht und nur als Folge der alten barbarischen Unterdrückung der Frauen erklärlich ist. Es würde aber auch eine gänzliche Ausschließung der Frauen von aller Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten höchst verderblich für die Familien und den Staat, für die Erziehung, für die Männer wie für die Frauen selbst wirken. Es soll die Frau als treue Lebensgefährtin des Mannes, als Bildnerin seiner Söhne, auch an allen seinen höheren Interessen Antheil nehmen. Und vor Allem auch in lebendigem patriotischen Gemeingeiste sollen Männer und Frauen sich innig verbinden. Die Frauen sollen, für denselben in der Erziehung und Bildung ihrer Kinder wirken. Ihre Lebenskreise und die der Familien sollen nicht des Adels der höheren, der edelsten menschlichen Richtungen, und der Mann und das Vaterland sollen nimmermehr der wohlthätigen Einwirkungen der Einsichten, der Erfahrungen, der Gefühle und der Antriebe edler tüchtiger Frauen entbehren. Unermeßlich wirksam und heilsam war bei allen gesitteten Völkern in ihren besseren Zeiten dieser Einfluß. Er möge es ferner sein. Hinweg also mit jeder gesetzlichen Beschränkung der Frauen im Schreiben und Lesen, Hören und Sehen in Beziehung auf öffentliche Dinge, im Zuhören in landständischen Versammlungen, öffentlichen Gerichten und Vorlesungen, in Ausübung des Petitions- wie der Preßfreiheitsrechte und in jeder rechtmäßigen Einwirkung auf die öffentliche Meinung, auf die öffentliche Sitte und Ehre, endlich im freien Rechte der Gründung von Frauenvereinen für erlaubte wohlthätige öffentliche Zwecke.

XIII. Würdig und wohlthätig für die edelste Begeisterung, zur Linderung der Noth, zur Befriedigung der wichtigsten Bedürfnisse und zur Veredelung der Frauen selbst und der öffentlichen Gesinnungen können insbesondere Frauenvereine wirken. Dieses liegt seit den großen Befreiungskriegen und den damals und seitdem für die verschiedensten Zwecke, insbesondere auch für Volkserziehung und die sogenannten Kleinenkinderschulen, so vielfach und oft unter Mitwirkung edler Fürstinnen entstandenen Frauenvereinen so sehr vor Aller Augen, daß man nur darauf hinzudeuten braucht. Sie sind eine der edelsten und ruhmwürdigsten Erscheinungen, ja Erfindungen unserer Zeit.

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