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Auszüge aus dem Staats-Lexikon: „Geschlechterverhältnisse” (1845-1848)

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2) Bei dem Manne überwiegt jene freiere ausgedehntere Wirksamkeit in der Außenwelt, bei der Frau die größere Beschränkung auf die Fortpflanzung, die Familie, das Haus. Burdach drückt stark sich so aus (S. 475): „Der ganze Sinn des Weibes ist auf Familien- und Geschlechtsverhältniß gerichtet, und die Pflichterfüllung in dieser Beziehung macht allein seinen Werth aus. In der Liebe giebt sich das Weib ganz hin und macht sie zum Zielpunkte seines Lebens, während der Mann seine Selbstständigkeit dabei behauptet und anderweitige Zwecke verfolgt. So vereint das Weib nicht nur die Glieder der Familie, sondern ist auch überhaupt mehr zur Sympathie gestimmt, und mit einem vorherrschenden allgemeinen Wohlwollen verbindet sich auch ein höherer Grad von religiöser Gesinnung." In dem geistigen Gebiete zeigt das Weib ebenfalls weniger Umfassung und Kraft für das Entferntere und Tiefere, wohl aber desto lebendigeren empfänglichen Sinn und Blick für das Nähere, Besondere. Und in Verbindung mit jener leichten Erregbarkeit, mit der Feinheit des Gefühls und mit dem Sinne für die unmittelbare Anschauung übertrifft das Weib den Mann in jenem feinen sicheren Takt des Urtheilens und Benehmens und in jenem, wenn auch seiner Gründe nicht bewußten, doch sicheren, gesunden Verstande und Urtheile über Persönlichkeiten und Lebensverhältnisse, die durch mühsame Schlußfolgerungen nicht aufgehalten, durch Grübeleien nicht geirrt, unmittelbar zum rechten Ziele führen.

3) Die beiden bezeichneten physischen und moralischen Hauptverschiedenheiten, in Verbindung mit jenen verschiedenen Bestimmungen, begründen aber noch einen neuen moralischen Hauptunterschied. Jene männlichen Eigenthümlichkeiten, die größere männliche Kraft und Freiheit, die Vorherrschaft des Verstandes und des nur allzunahe mit dem Zerstören verbundenen Schaffens und die männliche Lebensbestimmung der kräftigen Schützung und Leitung der Familie, der Vermögenserwerbung und des politischen und Waffenkampfes für sie begründen ihm die größere Kühnheit, den männlichen, den auch physischen und offensiven Muth und die natürlichen, oft nothwendigen Begleiter desselben, männlichen Affect, Zorn, Rechtstrotz und Unduldsamkeit, den unbeugsamen Willen und Entschluß, die rauhere Außenseite und eine gewisse männliche Härte oder Strenge. Die schönste Form aller seiner Tugend aber bleibt die männliche Würde. Dagegen begründen eben so natürlich bei dem Weibe ihre Eigenthümlichkeiten, ihre größere Schwäche und Weichheit, ihr Ueberwiegen des Gemüths und Gefühls und des Sinnes für Erhaltung, in Verbindung mit ihrer Schutzbedürftigkeit und häuslichen Lebensbestimmung, die weibliche Schüchternheit und keusche Schamhaftigkeit, die Weichheit und Sanftmuth, die größere Fähigkeit und Kunst für das Dulden und Nachgeben und nöthigenfalls einen Muth — einen oft bewundernswerthen sittlichen Muth — des Duldens, jedenfalls aber mehr nur den Muth einer enthusiastischen Erregtheit als den des kalten männlichen Entschlusses, endlich die mildere gewinnende Form und Sitte und die weibliche Anmuth — diese schönste Form aller weiblichen Tugend. [ . . . ]

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