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Auszüge aus dem Staats-Lexikon: „Geschlechterverhältnisse” (1845-1848)

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So weiset also wirklich schon die ganze physische Natur die beiden Geschlechter darauf hin, sich übereinstimmend mit der bestehenden Einrichtung gegenseitig zu ergänzen. Sie bezeichnet den stärkeren, kühneren, freieren Mann als schaffenden Gründer, Lenker, Ernährer und Schützer der Familie und treibt ihn hinaus ins äußere Leben zum äußeren Wirken und Schaffen, in den Rechts- und Waffenkampf, zu schöpferischen neuen Erzeugungen, zur Erwerbung und Vertheidigung. Sie bezeichnete die schwächere, abhängigere, schüchternere Frau zum Schützling des Mannes, wies sie an auf das stillere Haus, auf das Tragen, Gebären, Ernähren und Warten, auf die leibliche und humane Entwickelung und Ausbildung der Kinder, auf die häusliche Bewirthung und Pflege des Mannes und der häuslichen Familie, auf Erhaltung des vom Manne Erworbenen, auf die Führung des Haushaltes, auf die Bewahrung der heiligen Flammen des häuslichen Heerdes.

V. Die Natur aber so wie auch die bestehende Einrichtung haben zugleich solche psychische oder geistige und moralische Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Geschlechter begründet, welche ganz jenen obigen physischen Hauptverschiedenheiten in Beziehung auf die Fortpflanzung und den bezeichneten, auch durch die christliche Gesetzgebung geheiligten eigenthümlichen Richtungen der gemeinschaftlichen Lebensaufgabe entsprechen.

Auch in diesen intellectuellen Eigenthümlichkeiten oder im Seelenleben überwiegt:

1) Bei dem Manne jene mehr active Richtung auf neues freies Erzeugen individuellen Lebens, auf freies äußeres Schaffen, Gründen und Geben, die freiere Selbstthätigkeit; bei dem Weibe dagegen die mehr passive Richtung, das abhängigere Empfangen und das Erhalten und Pflegen der Gattung und die innerlich bildende Thätigkeit dafür. Bei dem Manne überwiegt der schaffende Geist, die Vernunft, mit ihrer Absonderung, Reflexion und Abstraction, mit ihrer Durchdringung, schöpferischen Verbindung und neuen äußeren Gestaltung; bei dem Weibe das empfängliche Gemüth, das für Eindrücke leicht erregbare Gefühl, die Aufnahme durch die unmittelbare Anschauung der Dinge in ihrer Ganzheit und die Innerlichkeit. In philosophischer und poetischer Schöpfungskraft, in gründlicher tiefer Wissenschaft konnten selbst die außerordentlichsten unter den weiblichen Schriftstellern die mittelmäßigen unter den männlichen nicht übertreffen. Burdach (S. 176) sagt: „Während das Weib mit Leichtigkeit und Gewandtheit im Leben, in der Kunst und selbst öfter in der Wissenschaft sich bewegt, geht ihm schöpferische Selbstthätigkeit, Originalität und Genialität ab. Auch die Religion ist ihm mehr Gegenstand des Gefühls als der Forschung. So ruht auch seine Sittlichkeit mehr im natürlichen Gefühle, und bei solcher Harmonie in sich verlangt es auch mehr Uebereinstimmung in der äußeren Erscheinung mit dem inneren Wesen, liebt mehr die Form, namentlich die leichte, zierliche, anmuthige. Es strebt daher weniger nach Anerkennung von Kraft und Verdienst als von Liebenswürdigkeit, in welcher das Geistige unter gefälligen Formen sich äußert. Dem Manne kommen die mehr activen, dem Weibe die mehr passiven Tugenden zu, so daß das Verhältniß beider Geschlechter in den Gegensätzen von Schaffen und Erhalten, von Erwerblust und Sparsamkeit, von Mäßigung und Genügsamkeit, von Gerechtigkeit und Nachsicht, von Festigkeit und Fügsamkeit, von Muth und Ergebung, von Standhaftigkeit und Geduld sich ausspricht."

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