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Bundeskanzler Gerhard Schröder stellt die „Agenda 2010” vor (14. März 2003)

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Meine Damen und Herren, ich habe das Stichwort „Mut zur Veränderung” auch und gerade im Innern unseres Landes bereits genannt. Um unserer deutschen Verantwortung in und für Europa gerecht zu werden, müssen wir zum Wandel im Innern bereit sein. Entweder wir modernisieren, und zwar als soziale Marktwirtschaft, oder wir werden modernisiert, und zwar von den ungebremsten Kräften des Marktes, die das Soziale beiseite drängen würden.

Die Struktur unserer Sozialsysteme ist seit 50 Jahren praktisch unverändert geblieben. An manchen Stellen, etwa bei der Belastung der Arbeitskosten, führen Instrumente der sozialen Sicherheit heute sogar zu Ungerechtigkeiten. Zwischen 1982 und 1998 sind allein die Lohnnebenkosten von 34 auf fast 42 Prozent gestiegen.

Daraus ergibt sich nur eine Konsequenz: Der Umbau des Sozialstaates und seine Erneuerung sind unabweisbar geworden. Dabei geht es nicht darum, ihm den Todesstoß zu geben, sondern ausschließlich darum, die Substanz des Sozialstaates zu erhalten. Deshalb brauchen wir durchgreifende Veränderungen.

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Unsere Agenda 2010 enthält weitreichende Strukturreformen.

Diese werden Deutschland bis zum Ende des Jahrzehnts bei Wohlstand und Arbeit wieder an die Spitze bringen.

Dadurch werden die Gerechtigkeit zwischen den Generationen gesichert und die Fundamente unseres Gemeinwesens gestärkt.

Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen versprochen, die Maßnahmen, die wir in den Bereichen, die ich genannt habe, planen, Punkt für Punkt zu erläutern.

Dabei geht es vor allen Dingen um drei Bereiche:

Der erste ist „Konjunktur und Haushalt”. Die dramatische Wirtschaftslage zwingt uns dazu, eine neue Balance zwischen Konsolidierung, konjunkturellen Impulsen und steuerlicher Entlastung zu schaffen.

Wir werden dabei nicht den Weg gehen, einseitig und egoistisch nur diejenigen zu entlasten, die heute aktiv sind, die Kosten aber durch Verschuldung auf künftige Generationen abzuwälzen. Das ist kein verantwortbarer Weg.

Deshalb halten wir am Ziel der Haushaltskonsolidierung und am Stabilitätspakt, den wir vereinbart haben, fest. Nur: Dieser Pakt darf eben nicht statisch interpretiert werden.

Er lässt Raum und er muss auch Raum lassen für Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse. Phasen wirtschaftlicher Schwäche — in Deutschland und in Europa sind wir in einer solchen — dürfen eben nicht durch prozyklische Politik ausgeglichen werden.

Wir sind uns in Europa mit unseren Partnern einig, dass wir auch Möglichkeiten zu Reaktionen auf unvorhersehbare Ereignisse brauchen, die möglicherweise als Folgen der Verschärfung von Krisen in Regionen in der Welt eintreten. Auch diese Möglichkeit gibt der Stabilitätspakt durchaus her. Wir werden diese Möglichkeiten zusammen mit unseren Partnern offensiv nutzen.

Allerdings: Der Verweis auf den Stabilitätspakt und die europäische Verantwortung darf nicht als Ausrede benutzt werden, jetzt hier nichts zu tun. Auch in der jetzigen Situation müssen und wollen wir Wachstumsimpulse setzen. Das muss für die Ermunterung privater Investitionen ebenso gelten wie für die öffentlichen Investitionen, insbesondere für die in den Kommunen.

Wir sind verpflichtet, gerade in Zeiten geringen Wachstums oder wirtschaftlicher Stagnation die öffentlichen Investitionen auf hohem Niveau zu halten.

Der Bund — wir werden das bei den Haushaltsberatungen diskutieren — kommt dieser Verantwortung durchaus nach.

Die Investitionen im Bundeshaushalt steigen in diesem Jahr auf 26,7 Milliarden Euro.

Wir werden aber auch die Finanz- und Investitionskraft der Kommunen nachhaltig stärken müssen.

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