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Bundespräsident Johannes Rau fordert eine Globalisierungspolitik (13. Mai 2002)

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Nicht nur in Deutschland führen wir seit vielen Jahren eine Standortdebatte. Ich trete dafür ein, dass wir offen über Probleme und Mängel, über Schwächen und Versäumnisse sprechen. Ich bin aber auch immer wieder erstaunt darüber, mit welcher Lust und mit welcher Energie wir unser Land schlecht reden und unsere Zukunft schwarz malen. Ist diese Art der Standortdebatte inzwischen nicht selber ein Standortproblem?

Ohne Vertrauen in die eigene Kraft kann kein Einzelner und kann kein Land seine Zukunft gestalten. Wir haben keinen Grund zur Selbstzufriedenheit, aber viele Gründe zu Selbstvertrauen. Die Geschichte seit Kriegsende und nach der staatlichen Einheit Deutschlands zeigt: Wir können stolz sein auf das Erreichte, und wir können Vertrauen haben in unsere Gestaltungskraft.

Das gilt nicht zuletzt auf wirtschaftlichem Gebiet:

– Wir haben hervorragend qualifizierte Arbeitnehmer.

– Deutschland ist die zweitgrößte Exportnation der Welt. Das ist nicht gerade ein Zeichen für mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit.

– Die USA, Japan und Deutschland bilden das Spitzentrio beim weltweiten Handel mit High-Tech-Waren.

All das ist keine Selbstverständlichkeit. Das verdanken wir der Arbeit und der Motivation der Menschen in Deutschland. Dafür, dass das so bleibt, müssen wir die Voraussetzungen immer wieder neu schaffen. Das kann uns auch in Zeiten der Globalisierung gelingen.


XII.

Ich wiederhole: Viele Menschen verbinden mit dem Wort Globalisierung Sorgen und Ängste. Wir können die Globalisierung als Chance nutzen, wenn wir sie nicht als Schicksal hinnehmen, sondern als politische Aufgabe entdecken und ernst nehmen.

– Die Globalisierung ist eine Chance, wenn wir uns am Leitbild der Freiheit und Gleichheit aller Menschen orientieren.

– Die Globalisierung ist eine Chance, wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen einander achten.

– Für uns in Deutschland ist die Globalisierung eine Chance, wenn wir unser Bildungswesen für alle verbessern, wenn wir etwas für alle tun, für die besonders Begabten genauso wie für jene, die sich schwer tun, für Naturwissenschaften und Sprachen genauso wie für die musische Erziehung.

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