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Die CDU verabschiedet ein neoliberales Programm (23. Februar 1994)

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2. DIE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DES WIRTSCHAFTSSTANDORTES DEUTSCHLAND VERBESSERN

71. Wir Christliche Demokraten haben die Soziale Marktwirtschaft politisch entwickelt, gegen heftige Widerstände durchgesetzt und in Jahrzehnten der Regierungsverantwortung ausgestaltet. Weltweit gilt dieses Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell als Vorbild. Auf der Grundlage von Freiheit und Demokratie ist in der Bundesrepublik Deutschland eine beispiellose wirtschaftliche Entwicklung und der Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit gelungen. Wir halten an dem Ziel fest, die Lebensverhältnisse in ganz Deutschland einander anzugleichen, Wohlstand für alle in ganz Deutschland zu schaffen und den sozialen Ausgleich zwischen Schwachen und Starken zu verwirklichen.

72. Unser Wirtschaftsstandort steht durch die Veränderungen in Deutschland, Europa und der Welt in wirtschaftlicher, technologischer und sozialer Hinsicht vor neuen Herausforderungen. Angesichts des Europäischen Wirtschaftsraumes und des zunehmenden Austauschs mit den mittel- und osteuropäischen Staaten, der Internationalität von Märkten und des wachsenden internationalen Standortwettbewerbs und vor allem angesichts der grundlegend veränderten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen nach der Wiedervereinigung Deutschlands müssen wir unsere wirtschaftliche Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit verbessern, für die soziale Sicherheit und die Lebensgrundlagen künftiger Generationen nachhaltig sorgen.

73. Die sozialistische Planwirtschaft hat in den neuen Ländern in Deutschland große ökologische und ökonomische Zerstörungen hinterlassen und den Menschen schweren Schaden zugefügt. Im wiedervereinigten Deutschland ist es daher eine Aufgabe aller Verantwortlichen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Neuaufbau in den neuen Bundesländern voranzutreiben. Mit dem Aufbau einer hochmodernen Infrastruktur, durch Investitionen in Arbeitsplätze und innovative Produkte, durch die Verbesserung des Bildungs- und Ausbildungswesens und durch die Stärkung von Forschung und Entwicklung schaffen wir die Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft. Mit der Wiedervereinigung sind wir gemeinsam auch wirtschaftlich an Zukunftschancen reicher geworden. Bei unseren Ansprüchen müssen wir aber unsere veränderte gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigen. Wir müssen aufhören, das bisherige Wachstum des Wohlstandes im Westen einfach fortschreiben zu wollen.

Die Wiedervereinigung bietet uns die Chance, unsere Wirtschafts- und Sozialordnung in ganz Deutschland zu erneuern und Fehlentwicklungen in den alten Bundesländern zu korrigieren. Wir wollen die Leistung und die Risikobereitschaft des einzelnen fördern, bürokratische Hemmnisse abbauen, wo immer möglich deregulieren, privatisieren und Subventionen abbauen sowie die Beteiligung breiter Volksschichten am Produktivkapital fördern. Wir wollen ökologische Erfordernisse stärker als bisher durch marktwirtschaftliche Mittel berücksichtigen. Wir wollen unseren Sozialstaat umbauen, um die Folgen der demographischen Veränderungen zu bewältigen und auch in Zukunft soziale Gerechtigkeit verwirklichen zu können.

74. Als rohstoffarmes Land mit hohen Arbeitskosten ist Deutschland besonders auf die Leistungs- und Innovationsfähigkeit seiner Menschen und der Wirtschaft angewiesen. Wir müssen uns mit unserer Fähigkeit zu Spitzenleistungen auf Produkte und Produktionstechniken mit Spitzenqualität konzentrieren. Technologischer Fortschritt vollzieht sich in immer kürzeren Zyklen und erfordert eine Beschleunigung von Innovationen. Die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes hängt deshalb wesentlich von einem hohen Leistungsstand bei Forschung und Entwicklung sowie bei der Anwendung neuer Technologien wie Bio-, Gen-, Informations- und Umwelttechnologien ab. Umweltfreundlichen Produkten und Technologien gehört die Zukunft. Mit der Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsordnung zu einer Ökologischen und Sozialen Marktwirtschaft können wir nicht nur unsere führende Rolle im Bereich der Umwelttechnologien ausbauen, sondern auch einen wesentlichen Standortvorteil für die Zukunft sichern.

Zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland treten wir ein für:

— die Rückführung des Staatsanteils und die Senkung von Steuern und Abgaben,

— die Verbesserung von Aus- und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung und deren Infrastruktur,

— die Förderung von Zukunftstechnologien und des Umweltschutzes,

— Privatisierung und Abbau von Subventionen, Deregulierung und Verringerung bürokratischer Vorschriften und Auflagen sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren,

— flexiblere Arbeits- und längere Maschinenlaufzeiten sowie deren Entkopplung,

— die Verbesserung der Informations- und Verkehrsinfrastruktur

— und insbesondere die Sicherung unseres sozialen Friedens und der sozialen Partnerschaft.

Als exportorientierte Industrienation ist Deutschland auf einen freien Welthandel angewiesen. Protektionismus blockiert die Dynamik der Wirtschaft und verhindert Innovationen. Mit dem Europäischen Wirtschaftsraum entsteht in Europa ein großer integrierter Markt, der sich auch den mittel- und osteuropäischen Staaten öffnen muss. Um den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa zu sichern und zu verbessern, streben wir eine Europäische Wirtschafts- und Währungsunion an und treten für offene Märkte nach innen und außen ein.

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