Hans Ostwald, „Sittengeschichte der Inflation” (1931)

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Der Spuk verflog.

Das deutsche Volk richtete sich wieder selbst auf. Es schuf sich eine neue Währung – aus eigener Kraft. Und damit baute es seine Wirtschaft wieder auf. Das konnte es nur, weil es ein Volk der Arbeit war. Nur aus der Arbeit heraus, nur durch die Arbeit konnte es Werte schaffen und darauf auch ein neues Leben aufbauen.

Und der Spuk verflog.

In kurzer Zeit verschwand der Schleichhandel und das Schieberturm. Diese Pestbeule der Wirtschaft und des gesamten geistigen und seelischen Lebens des deutschen Volkes schrumpfte zusammen. Und der ganze üble Duft übersteigerter Erotik und Inflationsverbrechen und Gewohnheiten stob davon wie eine Staubwolke vor dem reinigenden Wind.

Und wir erkannten, daß die große Masse des deutschen Volkes intakt geblieben war. Sie war immer fleißig und ordentlich gewesen und geblieben. Der kleine brave Mann, der Briefträger und der Lokomotivführer, die Näherin und die Wachfrau hatten ebenso wie die anderen Stände immer ihre Pflicht erfüllt. Die Ärzte hatten die Kranken behandelt, die Gelehrten hatten die Wissenschaft weiter getrieben, die Erfinder hatten ihre Ideen gefördert und verwirklicht.

An alle Menschen war gewiß während der Inflationsjahre oft genug die Versuchung herangetreten. Aber die meisten waren ihr nicht erlegen, sie hatten sie überwunden.

Und so konnte denn ein solch gesundes Volk auch die Inflation und die meisten Folgen dieser demoralisierenden Zeit rasch beseitigen. Die Zeiterscheinungen, die Verbrechen, der Taumel, die Schädigungen blieben fast alle an der Peripherie, an der Grenze, an der Oberfläche!

Wohl hat sich manches gewandelt, ist durch neue Wege und Erscheinungen ergänzt worden. Aber der große, gute Kern ist geblieben.

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Quelle: Hans Ostwald, Sittengeschichte der Inflation. Ein Kulturdokument aus den Jahren des Marktsturzes. Berlin: Neufeld und Henius Verlag (1931), S. 7-9.