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Die Katholiken: Die Versammlung der katholischen Vereine des Rheinlands und Westfalens (1849)

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Gestatten Sie mir, meine Herren, mit Ernst und Nachdruck vor den Gefahren zu warnen, welche aus der Vermischung kirchlicher Interessen mit bloß politischen unvermeidlich erwachsen. Ich habe es gestern schon in einem engeren Kreise ausgesprochen, daß ich die voreilige Annahme eines politischen Prinzips durch die Vereine für ein Unglück halte. Möge der, welcher in den Streitfragen der Gegenwart eine bestimmte, scharf abgegrenzte politische Ansicht sich gebildet, sie mit allen redlichen, ihm zu Gebote stehenden Mitteln verteidigen; nur möge er nicht eines zu ganz anderen, höheren Zwecken gebildeten Vereines sich als eines Werkzeugs für die Verwirklichung seiner politischen Ideale und Wünsche bedienen wollen.

Als ich auf die Gefahr hinwies, daß ein Verein sich für eine politische Gestaltung verbürgen könnte, die bald nachher durch die Ereignisse vereitelt würde und daß hiermit das Ansehen, ja die Existenz des Vereins in Frage gestellt werden könnte, da erwiderte man mir: Wer unter der Fahne eines Prinzips kämpfend fällt, der fällt immer mit Ehre, auch wenn dies Prinzip von dem Gegner nicht anerkannt wird. Das ließe sich hören, wenn es sich jetzt wirklich um solche Prinzipien handelte, welche nur Ausdruck ewiger und unwandelbarer Wahrheiten wären. Wer wird dies aber von den Formen der neuen deutschen Verfassung, bezüglich welcher man den Piusvereinen Partei zu nehmen ansinnt, behaupten wollen? Selbst in der Paulskirche zu Frankfurt waren und sind die Ansichten der katholischen Mitglieder über diese Frage geteilt. Die große Mehrzahl derselben stimmte für ein Direktorium und hielt weder ein österreichisches noch ein preußisches Erbkaisertum den jetzigen Bedürfnissen und Verhältnissen Deutschlands für angemessen.

Werfen wir einen Blick auf die Stellung des Klerus in Frankreich. Dort hat die Geistlichkeit bei den infolge der jüngsten Umwälzung eingetretenen politischen Ereignissen, ohne ihre Überzeugung und ihre Sympathien zu verbergen, doch mit großer Mäßigung und Zurückhaltung sich benommen. Hätte sie stärker eingegriffen, wäre sie z.B. nach dem Beispiel eines Bischofs bei der letzten Präsidentenwahl zu Gunsten Cavaignacs aufgetreten, die unheilvollen Folgen einer solchen politischen Tätigkeit würden sich sogleich eingestellt haben, und doch läßt sich nicht verkennen, daß die Wahl des Präsidenten auch die Kirche sehr nahe berührt. Dank der Vorsicht der großen Mehrzahl und ihrer weisen wohlbemessenen Haltung haben wir diesmal nicht, wie bei der Juli-Revolution, von Vertreibungen einzelner Bischöfe und Pfarrer aus ihren Gemeinden gehört. Es war ein wohlgemeinter, aber in seinen Wirkungen höchst schädlicher Irrtum, der zur Zeit Ludwigs XVIII. und Karls X. so viele französische Priester und Missionare verleitete, fast bei jeder Gelegenheit den Namen des Königs mit dem Namen Gottes zu verknüpfen und die Ergebenheit gegen die Bourbonen, als ob sie ein kirchliches Dogma wäre, von der Kanzel und vom Altar zu predigen. Es ist bekannt, wie schwer diese religiöse Politik und politische Religion nach der Juli-Revolution an den Geistlichen gerochen [!] wurde.

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