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Die Einführung einer gemeinsamen Währung (7. Mai 1998)

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Jetzt werden Reformen noch dringlicher

Doch die Währungsunion macht jeden für jeden haftbar. Stabilitätspakt hin, Stabilitätspakt her, die Teilnehmer werden in jedem Fall füreinander einstehen müssen. Daraus kann viel Streit erwachsen, namentlich zwischen den Staaten, die ihre Hausaufgaben machen, und den anderen, die Problemfälle werden. Das ist die Kehrseite der neuen Münze. Die bessere Seite des Euro, die mit den Sternen: Weil jeder ungern für andere die Zeche zahlt, wird im Euro-Klub eine strenge „soziale Kontrolle“ herrschen – beim ersten Anzeichen, daß ein Land die übrigen gefährdet, wird es heftig in die Pflicht genommen. Der Zwang zu Reformen, die dem Alten Kontinent frische Kraft verleihen und in neuerungswilligen Volkswirtschaften wie Spanien, den Niederlanden oder Großbritannien Abertausende von Arbeitsplätzen schaffen, wird nicht nachlassen.

Wenn es gut geht, ist der Dollar nicht länger die alleinige Weltwährung und findet Europa zurück zur Dynamik, just zu dem Zeitpunkt, da die amerikanische Wirtschaft an Schwung zu verlieren scheint.

Das ist der große Gegensatz: Der Euro beschert Europa neue Stärke nach außen und Spannungen im Innern: unter den europäischen Ländern und innerhalb der Länder, die sich am meisten anpassen müssen – unter Gefahr eines weiteren Zulaufs zu Nationalisten und Europagegnern in den Verliererstaaten. Denn es wird Verlierer geben.

Der Erfolg des großen Vorhabens hängt davon ab, ob im Euro-Klub genügend reformorientierte Länder zusammenfinden und den Ton angeben. Wenn die Arbeitslosigkeit zu sinken beginnt, steigt das Ansehen der Europäischen Union. Im Aufschwung wird die „Baustelle Europa“ ihren Bauherren, den Europäern, besser gefallen. Bei Erfolg werden sie mehr Sinn haben für die heiklen Bau- und Umbauprojekte, die nach dem Euro anstehen.



Quelle: Roger de Weck, „Euro. Und nun? Das Drama von Brüssel und die Zukunft des Euro. Die Währungsunion bringt viel Streit und neue Stärke“, Die Zeit, Nr. 20, 7. Mai 1998.

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